Ausgezeichneter Abschluss der Liederabendreihe in der Saison 2018/19 an der Oper Frankfurt mit Michael Spyres

Liederabend Michael Spyres (Tenor) und Mathieu Pordoy (Klavier) ~ Oper Frankfurt (18. Juni 2019) ~ Mathieu Pordoy und Michael Spyres ~ © Barbara Aumüller (szenenfoto.de)

Mit zwei Ausnahmekünstlern begann und endete die Liederabendreihe in der Spielzeit 2018/19 an der Oper Frankfurt. Bass Günther Groissböck sorgte, begleitet von Malcolm Martineau, für einen großartigen Auftakt. Tenor Michael Spyres, begleitet von Mathieu Pordoy, für einen ebensolchen Abschluss. Der aus Mansfield (US-Bundesstaat Missouri) stammende Spyres debütierte im Februar 2018 als Vasco da Gama (Giacomo Meyerbeers L’Africaine) an der Oper Frankfurt und ist ein gefragter Gastsänger an den bedeutendsten Häusern, wie der New Yorker Met (an der er Anfang 2020 an der Seite von Elina Garanca and Ildar Abdrazakov als Faust in Berliozs La damnation de Faust zu erleben sein wird), der Wiener Staatsoper, der Opéra National de Paris oder dem Royal Opera House Covent Garden in London.

Spyres begann seine Karriere als Bariton und hat durch intensives Stimmtraining vokale Höhen erklommen. Wenn er heute als Tenor wunderbare Spitzentöne erreicht, muss er dennoch nicht auf tiefe Töne verzichten, er hat einen außergewöhnlichen Stimmumfang. Und diesen konnte er mit den ausgewählten, sehr unterschiedlichen Liedern eindrucksvoll vorführen. Wie auch seine Fähigkeit, Töne kunstvoll zu verzieren und sie, Perlen für Perlen gleich, aneinanderzureihen. Neben der Strahlkraft seiner Stimme, eindrucksvoll bei Giuseppe Verdis „L´ esule“, verfügt er auch über eine feine Pianokultur (wie bei Reynaldo Hahns „À Chloris“).


Liederabend Michael Spyres (Tenor) und Mathieu Pordoy (Klavier)
Oper Frankfurt (18. Juni 2019)
Mathieu Pordoy, Michael Spyres
© Barbara Aumüller ~ szenenfoto.de

Für seinen mit „Foreign Affairs“ betitelten vielseitigen Liederabend an der Oper Frankfurt wählte der passionierte Sänger Kompositionen von sechzehn (!) verschiedenen Komponisten, spannte einen Bogen von der Wiener Klassik (mit Joseph Haydns „O Tuneful Voice“) bis ins 20. Jahrhundert (wie mit Benjamin Brittens „Down by the Salley Gardens“) und sang in sechs Sprachen (Englisch, Deutsch, Französisch, Italienisch, Norwegisch, und Russisch). Wow!

„Foreign Affairs“ bedeuten für Spyres Grenzüberschreitungen im Umgang mit dem Generalthema „Liebe“, die sich in jedem der Lieder ausdrückte, jeweils in einem anderen Blickwinkel. Bei Hector Berliozs „Le pêcheur“ (aus Lélio ou Le retour à la vie; Text von J.W. von Goethe) folgt beispielsweise ein Fischer dem Ruf einer Art Meerjungfrau (feuchtes Weib) und folgt ihr ins Wasser. Bei Carl Loews „Tom der Reimer“ folgt eben dieser einer Elfenkönigin für sieben Jahre in ihr Reich. Gelegenheiten für Spyres, nicht nur seine unglaublichen Spitzentöne, sondern die ganze Bandbreite seiner Vielseitigkeit im Ausdruck spielerisch und überaus virtuos zu demonstrieren. Arienhafte Interpretationen zeigte er bei den Liedern der Komponisten Bellini, Rossini und Verdi, lyrische Qualitäten u. a. bei Franz Liszts „Enfant, si j’étais Roi“.
Zu den Raritäten zählte Tschaikowskis anspruchsvolle und pathetische Don Juans Serenade, Friedrich Nietzsches (der nicht nur ein klassischer Philologe war) „Gebet an das Leben“ und Jerome David Kerns „All the Things You Are“ (aus dem schon rasch nach der Broadwayaufführung in Vergessenheit geratenen Musical Very Warm for May), bei dem sich Pianist Mathieu Parody mit kleinen jazzigen Zwischeneinlagen einbrachte. Bei der gewählten diffizilen Liedauswahl erwies er sich versierter Pianist und als zuverlässige Stütze für Michael Spyres.

Sehr viel Applaus für Michael Spyres und Mathieu Porody, denen wichtig war, dem Publikum einen tollen Abend zu bieten, was sie brillant geschafft haben. Für die gute Energie im Saal bedankten sie sich mit zwei Zugaben: Als Hommage an die Heimat mit einem Folksong und mit einem neapolitanischen Lied.

Markus Gründig, Juni 19


Die Zugaben:

Oh Shenandoah“ (auch bekannt unter dem Titel „Across the Wide Missouri“) ist ein traditioneller amerikanischer Folksong von unbekanntem Ursprung aus dem frühen 19. Jahrhundert. Der 1980 in Mansfield / Missouri geborene Michael Spyres würdigte damit seinen Heimatstaat sowie den gleichnamigen Fluss, der als Nebenfluss des Mississippi durch das Land fließt.

C.A. Bracco (ca. 1850-1903): „Souvenirs d’un concert“ („Serenata“) auf einen Text des berühmten Tenors Enrico Caruso.