Nachdem im vergangenen Jahr bei Natürlich Blond hauptsächlich eine Frau im Mittelpunkt stand, rücken bei der neuesten Produktion der Mainzer Hochschulgruppe Musical Inc. alle abhängig beschäftigten Frauen in den Fokus. Gespielt wird das Dolly Parton Musical 9 to 5, das auf dem Film Warum eigentlich bringen wir unseren Chef nicht um? aus dem Jahr 1980 basiert. Es thematisiert mit überbordendem Spaß und Witz ein ernstes Thema. Die nach wie vor vorhandene Diskriminierung von Frauen am Arbeitsplatz (wie durch schlechtere Bezahlung und sexueller Belästigung) und das viele Jahre vor der MeToo-Bewegung.
Das gute Laune Musical mit der Botschaft „Du kannst etwas ändern“ lief 2009 für nur wenige Monate am New Yorker Broadway (mit insgesamt 172 Vorstellungen). Die Gründe für die kurze Spielzeit sind sicher vielfältig. Besonders an dem Musical ist, dass es nur eine große männliche Hauptrolle gibt. Und die kommt dabei gar nicht gut weg, handelt es sich doch um einen überaus chauvinistischen Chef. Dafür gibt es allerdings zahlreiche großartige Ensembleszenen und auch eine Liebesgeschichte fehlt nicht (die Mutter eines Teenagers wird vom jungen und schüchternen Buchhalter angebaggert).
Die Umsetzung der Mainzer Musical Inc., bestehend aus ehrenamtlich tätigen MitarbeiterInnen und StudentInnen aus unterschiedlichen Fachbereichen der Mainzer Johannes Gutenberg Universität, ist unter der Regie von Fabian Kling famos gelungen. Nach monatelanger und intensiver Vorbereitung entstand eine mitreißende Show, die gute Laune pur verbreitet und bei der das großartige Zusammenspiel aller Beteiligter vor und hinter der Bühne beeindruckt.
Ein starkes Damentrio will die tagtäglichen Schikanen in seiner Firma nicht länger hinnehmen und sagt dem männlichen Establishment den Kampf an. In einer berauschenden Kaffeestunde mit Joints, Chips und Sprühsahne erträumt jede für sich den passenden Mord an ihrem Chef. Diese drei Lieder sind der Höhepunkt der Aufführungen, kommt dabei doch zusätzlich auch das Ensemble in sehr unterschiedlichen Figuren und Kostümen auf die Bühne. Die gerade von ihrem Ehemann verlassene Judy (sich groß wandelnd und stimmgewaltig: Carolin Praß) wandelt sie sich in ihrer Traumszene zur attraktiven coolen Agentin, umgeben von einer Schar sie anhimmelnder Männer („Der Tanz auf dem Grab“). Die um ihre Wahrnehmung als blonde Frau kämpfende Doralee aus den Südstaaten (selbstbewusst und elanvoll: Alexandra Mordenti) wird zur Countrysängerin mit heißen Cowboys („Cowgirls können sich wehren“). Die alleinerziehende Mutter und Chefsekretärin Violet (verantwortungsvoll und ihr Herz öffnend: Jana Heß) träumt sich in eine Traumwelt mit vielen Märchenfiguren („Die Lösung“).
Katrin Bürck gibt die gewissenhafte Verwaltungsassistentin Roz, die sich herzergreifend ein Verhältnis mit ihrem Chef wünsch („Roz und Hart“ und „Nacht für Nacht“). Als „sexistischer, egoistischer, engstirniger und verlogener Heuchler“ Frankling Hart Jr. trumpft Holger Reuter mächtig auf („Ich und du“).
Dazu bringen sich stark ein: Lucy Trifonova (als köstliche Schnapsdrossel Margaret), Niklas Schliesmeier (als junger Liebesanwärter Joe), Laurin Hess (als Dwayne, der cooler Freund von Doralee), Magnus Neuwirth (als Dick, Judys Ex) und Salomon Hess (als Vorstandsmitglied Tinsworthy). Wobei auch dieses Jahr alle Rollen doppelt besetzt sind und hier nicht DarstellerInnen alle aufgeführt sind (siehe unten).
Dass das Musical so voller Elan rüber kommt, liegt nicht zuletzt an der Einbeziehung von vier Tänzerinnen, deren Bewegungen stets harmonisch in die Ensemblenummern einfließen (Choreographie: Jessica Gleisberg / Antonia Reis).
Die Bühne wurde im 1980er Stil, der Zeit des Film, eingerichtet. Eine Zeit, in der die Büros noch ohne Computer waren und dafür graue und grüne Telefone nebst Schreibmaschinen auf den Tischen standen und haufenweise Memos verfasst wurden (Ausstattung: Clara Eckert / Levent Sen).
Musikalisch ist das Musical breit aufgestellt. Countrysongs kommen zwar vor, dominieren aber nicht. Das 12-köpfige Orchester spielt mitreißend unter der musikalischen Leitung von Nicolai Benner. Gespielt wird die deutsche Fassung von Kevin Schroeder, bei der der Titelsong „9 to 5“ (der US-amerikanischen Bürostandardarbeitszeit) in ein etwas allgemeineres „Tag für Tag“ übersetzt wurde.
Am Ende nicht nur eine großartige Ensembleschlussszene („Tag für Tag“), sondern auch lang anhaltender Beifall, Jubelrufe und Standing Ovations (selbst bei der besuchten Folgevorstellung).
Gespielt wird auch dieses Jahr im Hörsaal P1. Im Foyer gibt es die Möglichkeit Sekt und Wein eines Weinguts aus dem nahen Bodenheim zu verkosten, wie auch alkoholfreie Getränke, gesundes Obst und zahlreiche Süßigkeiten zu erwerben sind. Das Glaspfand kann, dem Thema des Musicals angepasst, dem Mainzer Frauenhaus gespendet werden (das bedrohten und misshandelten Frauen und ihren Kinder Zuflucht bietet), wofür eine Spendenbox aufgestellt wurde.
Markus Gründig, Mai 19
9 to 5 – Warum eigentlich bringen wir unseren Chef nicht um?
Musik & Liedtexte: Dolly Parton
Buch: Patricia Resnick
Deutsche Fassung: Kevin Schroeder
Broadwaypremiere: 30. April 2009 (New York, Marquis Theatre)
Deutschsprachige Erstaufführung: 12. August 2016 (Merzig, Musik und Theater Saar/Zeltpalast Merzig)
Premiere bei der Musical Inc. Mainz: 17. Mai 2019 (P1 Uni Mainz)
Besuchte Vorstellung: 22. Mai 19
Vorstand: Sina Eckardt (Vorsitzende) / Florian Pfaff (Schatzmeister) / Rosalia Virga (Schriftführerin)
Produktionsleitung: Gabryel Greco / Vidhya Pfeifer / Niklas Schliemeier / Marlon Schneider
Musikalische Leitung: Nicolai Benner
Regie: Fabian Kling
Ausstattung: Clara Eckert / Levent Sen
Choreographie: Jessica Gleisberg / Antonia Regis
Assistenz Musik und Regie: Laurin Hess
Besetzung:
Doralee: Alexandra Mordenti / Linda Malm
Judy: Carolin Praß / Laura Saxler
Violet: Jana Heß / Miriam Kluth
Hart: Holger Reuter / Johannes Franken
Roz: Katrin Bürck / Leonie Creuzberger
Joe: Niklas Schliesmeier / Johannes Lotz
Dwayne: Laurin Hess / Levent Sen
Dick: Magnus Neuwirth / Salomon Hess
Josh: Jan Dahms / Felix Cambeis
Maria: Clara Eckert / Alyssa Knecht
Kathy: Astrid Ternes / Jessica Gleisberg
Margaret: Lucy Trifonova / Svenja Drewitz
Bob: Georg Heucher / Gabriel Ecker
Missy: Clara Vogel / Julia Weber
Krankenschwester: Jessica Speck / Jessica Speck
Oberschwester: Lisa Platz / Lorena Seegler
Cafeteria Dame: Clarissa Günster / Clarissa Günster
Arzt: Benjamin Fazlagic / Christian Berac
Kommissar: Christian Berac / Benjamin Fazlagic
Tinsworthy: Salomon Hess / Magnus Neuwirth
Neue Mitarbeiterin: Zoe Dieringer / Michelle Hannappel
Das Orchester
Bass: Dominik Bierbüsse / Katharina Käding
Drums: Tim Ester / Benedikt Vogel
Gitarre I: Ingo Hunz / Lukas Kunkies
Gitarre II: Nico Moser / Malte Napp / /
Keyboard I: Luis Richter / Michael Pernpeitner
Keyboard II: Jan Brell / Jonathan Peters
Percussion: Tim Eichelbaum / Hartmut Opfermann /
Posaune: Johanna Eberling / Marius Schäfer
Reed I: Tatjana Sandhöfer / Jacqueline Stürmer
Reed II: Gabryel Greco / Patricia Reuter
Trompete I: Natalie Didinger / Johannes Hammar
Trompete II: Annika Schwertel / Valentin van Kempen
www.musicalinc.de