

Mit dem Klassiker Ein Sommernachtstraum von William Shakespeare zeigt das Schauspiel Frankfurt jetzt ein großes Ensemblestück für ein breites Publikum. In der bildstarken Inszenierung von Christina Tscharyisk bilden die beiden jungen Paare den Erzählmittelpunkt. Darin ist Stéphane Laimés rotes Bühnengeflecht ein mystisch anmutendes Zentrum für große Emotionen. Existenzielle Tiefe fehlt nicht, gleichwohl überwiegt der Komödiencharakter.
Für Christina Tscharyisk ist Ein Sommernachtstraum die zweite Arbeit im Schauspielhaus. Im Februar letzten Jahres inszenierte sie hier den Schwank Der Raub der Sabinerinnen. Slapstickhafte Szenen wie bei den Sabinerinnen gibt es auch im Sommernachtstraum. Allerdings ist letztere komplexer und vielschichtiger. Tscharyisk nutzt die große Spielfreude des Ensembles und setzt es pointiert in Szene. Düstere Soundmotive untermalen und unterstützen das Geschehen (Musik: Cornelia Pazmandi).

Schauspiel Frankfurt
Puck (Annie Nowak)
Foto: Arno Declair
Die Handlungsorte und die Kostüme sind dabei klar voneinander getrennt. Der herzogliche Hof ist abstrakt, kühl und gefühllos gehalten. Er besteht lediglich aus einem großflächigem Podest in Form eines Hauses. Glanz bringt einzig ein Bediensteter (Peter Schröder, auch Thisbe/Bohnenblüte) hinein, wenn er gewissenhaft mit einem riesigen silberglänzenden Kerzenständer schon vor dem eigentlichen Beginn darüber hin- und herläuft. In dieser Welt tragen alle weiße oder hellbeige Kleidung, Theseus und seine Hippolyta geben sich zusätzlich mit schwarzen Sonnenbrillen betont cool.

Schauspiel Frankfurt
Oberon (Isaak Dentler),Titania (Anna Kubin)
Foto: Arno Declair
Aus dem Hintergrund flackert immer wieder kurz ein dunkelrotes Etwas auf. Ein Geflecht aus Strängen und Verbindungen, das nicht näher zu bestimmen ist. Es entpuppt sich als der „Wald“, in den sich das Geschehen immer mehr verlagert und der näher und näher rückt. Schließlich hat der „Wald“ die Hof-Fläche überlagert und zeigt sich in voller Pracht. Da haben die Werkstätten der Städtischen Bühnen Frankfurt ganze Arbeit geleistet. Als Zentrum für Emotionen, Liebe, Wärme, aber auch für alles Abgründige, besteht er aus einem begehbaren roten Geflecht aus Strängen, Lianen, Netzen und Wucherungen. Adern, Blut und Blutgefäße und Organe stehen hier für das Innere, die Seele, das Herz, mit all Sehnsucht und Verlangen, Labilität und Abgründigkeit.

Schauspiel Frankfurt
Niklaus Zettel(Christoff Pütthoff), Franz Flaut (Peter Schröder), Tom Schnauz (Michael Schulz), Peter Sequenz (Matthias Redlhammer), Schnock (Melnaie Straub)
Foto: Arno Declair
Erster komischer Moment ist, wenn die Handwerker, hier sind es Bediensteten, die Rollen für ihr Feststück aufteilen. Matthias Redlhammer dirigiert eloquent die Truppe, mit dem nicht zum Schweigen zu bekommenden Niklaus Zettel des Christof Pütthof (später sorgt Pütthof als verwandelter und wiehernder Esel für zusätzliche Lacher im Publikum).
Dem Chauvinismus Theseus´ (kühn: Isaak Dentler) begegnet Regissuerin Tscharyisk damit, dass sich Hippolyta ihm gegenüber sehr reserviert gibt (wie dann natürlich auch Titania dem Oberon gegenüber). Anna Kubin nimmt dabei mit ihrem sinnlichen Ausdruck für sich ein. Die beiden junge Paare Hermia (Rokhi Müller) / Demetrius (Miguel Klein Medina) und Helena (Tanja Merlin Graf) / Lysander (Mitja Over) sind optisch fast einheitlich gekleidet (rosafarbene Röcke/Hosenröcke, weiße Oberteile nebst schwarzer Krawatte). Wenn sich Demetrius und Lysander miteinander schlagen, geschieht dies sehr innig. Apropos Kleidung, in der Welt der Feen und Elfen verschmelzen viele Kostüme optisch mit dem Bühnenbild (Kostüme: Leonie Falke).

Schauspiel Frankfurt
Helena (Tanja Merlin Graf), Lysander (Mitja Over), Hermia (Rokhi Müller), Demetrius (Miquel Klein Medina), dahinter Zettel (Christoff Pütthoff), Titania (Anna Kubin)
Foto: Arno Declair
Die Figur des Puck (mit viel Energie und überdimensionalen Ohren: Annie Nowack) ist hier zu einem singenden Conférencier aufgewertet, was für Auflockerung sorgt. Für heitere Momente sorgen auch die Reinigungskraft Schnock der Melanie Straub (auch Löwe / Mond / verzückte Spinnweb) und die „Wand“ des Michael Schütz (auch Tom Schnauz / Senfsamen). Andreas Vögler ist ein verantwortungsbewusster Egeus.
Am Ende der kurzweiligen und gut 100-minütigen pausenlosen Aufführung intensiver Beifall. Sie dürfte auch beim jungen Publikum sehr gut ankommen.
Markus Gründig, Februar 25
Ein Sommernachtstraum
(A Midsummer Night´s Dream)
Komödie in fünf Akten in Vers und Prosa
Von: William Shakespeare
Uraufführung: Vor 1600
Deutsche Erstaufführung: 14. Oktober 1843 (Berlin, Königliches Schauspielhaus)
Premiere am Schauspiel Frankfurt: 7. Februar 25 (Schauspielhaus)
Regie: Christina Tscharyiski
Bühne: Stéphane Laimé
Kostüme: Leonie Falke
Stunt Coach: René Lay
Musik: Cornelia Pazmandi
Dramaturgie: Lukas Schmelmer
Licht: Tobias Lauber
Besetzung:
Theseus/Oberon: Isaak Dentler
Hippolyta/Titania: Anna Kubin
Lysander: Mitja Over
Demetrius: Miguel Klein Medina
Hermia: Rokhi Müller
Helena: Tanja Merlin Graf
Egeus: Andreas Vögler
Puck: Annie Nowak
Franz Flaut/Thisbe/Bohnenblüte: Peter Schröder
Schnock/Löwe/Mond/Spinnweb: Melanie Straub
Tom Schnauz/Wand/Senfsamen: Michael Schütz
Peter Squenz: Matthias Redlhammer
Niklaus Zettel/Pyramus: Christoph Pütthoff
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