kulturfreak.de Besprechungsarchiv Show, Teil 5

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Holiday on Ice: Atlantis

Festhalle Frankfurt
Besuchte Vorstellung:
4. Januar 18 (Premiere; 15 Uhr)

Um es vorwegzunehmen: Die neue Holiday On Ice Show Atlantis ist eine der besten Shows. Ohne auf besonders große Namen und viel Spektakel zu setzen, feiert Holiday on Ices Atlantis mit durchaus Akzente setzender Bühnenoptik, prachtvollen Kostümen und einem ausgewogenen Musikmix die Eislaufkunst par excellence.
Der Mythos um die wohlhabende Stadt Atlantis, die innerhalb eines Tages und einer Nacht im Meer versunken sein soll, diente dem Kreativteam (Inszenierung/Choreografie: Robin Cousins, Bühnendesign: STUFISH Entertainment Architects, Kostümdesign: Michael Sharp, u.v.m.) als Vorlage. Sie zauberten daraus eine Fülle an unterschiedlichen Bildern, die sie für ihre abwechslungsreiche, dynamisch und poetisch anmutende Show zur Freude der großen wie kleinen Zuschauer wunderbar umgesetzt haben.

Holiday On Ice: Atlantis
© Holiday On Ice / Dean van Meer

Neben einer breiten Videowand im Hintergrund, dienen in der Bühnenmitte an einem Quader befestigte breite Vorhangschals als Projektionsfläche für die unterschiedlichen Bilder. Eine Skulptur aus überdimensionalen Stiften verkörpert die aufstrebende Stadt Atlantis und später deren Zerfall (wie auch ihre Auferstehung als Mythos).
Im ersten Teil entführt die Show in die farbenfrohe, noch heile Welt. Die wohlhabenden Bürger von Atlantis präsentieren sich in der ersten Ensembleszene zu Technotronics „Make My Day“ / „Pump Up The Jam“ in bunter Vielfalt als tolerante und offene Gesellschaft, zeigen sich dann zu skurrilen Laborgerätschaften (wie einer „Restaurationsmaschine“) auch experimentierfreudig und wissensdurstig, verblüffen dabei mit magischen Überraschungen und bezaubern dann in burlesken Outfits. Nachdem mit zahlreichen Faltern, Vögeln, Wildtieren und einem einzigartigen Pfau auch die Vielfalt der Tierwelt zur Schau getragen wird, zerfällt die Atlantis-Skulptur in vier Teile und mit einem fantastischen Feuerspektakel, zu dem sich die Eisläufer oberkörperfrei mit Fackeln präsentieren, geht Atlantis eindrucksvoll unter.

Nach der Pause begrüßen zunächst die durch verschiedene TV-Serien bekannten Zwillinge Valentina und Cheyenne Pahde die Zuschauer. Sie zeigten schon im ersten Teil, das sie selber auch gute Eisläufer sind. Sie fügten sich harmonisch zu dem Ensemble aus 35 internationalen Profiläufern ein. Da sie selbst als Kinder schon Eis liefen, ist es für sie eine ganz besondere Freude, bei dieser Show dabei sein zu können. Der zweite Teil zeigt die Unterwasserwelt, mit bunt strahlenden Meereswesen: unterschiedlichen Fischen, Seepferdchen und Quallen. Optischer Höhepunkt ist auch diesmal der Klassiker: die große Linie, bei der alle als Silberfische beteiligt sind. Doch auch vier Taucher begeistern die Zuschauer. Sie helfen mit, die Atlantis-Skulptur wieder zusammenzufügen, sodass am Ende der Mythos Atlantis in Pracht erstrahlt.

Holiday On Ice: Atlantis
© Holiday On Ice / Dean van Meer

Der US-amerikanische Eistänzer Wesley Campbell ragt mit seinen vielseitigen Sprüngen und anmutigen Drehungen am stärksten hervor, auch wenn die weiteren Hauptrollen mit Evgenii „Johnny“ Belianin (aus Russland), Caydee Denney (USA), Matti Landgraf (Deutschland) und Daria „Dasha“ Perminova (Russland) ihm kaum nachstehen. Bei den sehr poetisch dargebotenen Duoszenen gibt es u. a. waghalsige einarmige Haltefiguren, wie auch waghalsige gedrehte Würfe zu bewundern. Als „Speciality Act“ zeigt das Duo Taisia Bondarenko (Russland) und Tim Tang (China) auf einem runden Plateau waghalsige Haltefiguren (sonst wohl auch an Strapaten).

Erfreulich ist auch die musikalische Seite, denn bei Atlantis werden neben manch klassischer Musik auch bekannte Hits (wie „I Want It That Way“ von den Backstreet Boys, „Sing It Back” von Moloko, „Talking To The Moon“ von Bruno Mars oder „Cake By The Ocean“ von DNCE) mit viel Bassunterstützung gespielt.

Am Ende viel Applaus für das glanzvoll dargebotene Eislauferlebnis und einen großartigen Bilderrausch.

Markus Gründig, Januar 18


Holiday on Ice: Time

Festhalle Frankfurt
Besuchte Vorstellung:
5. Januar 17 (Premiere Frankfurt)

Zeit für große Gefühle

Tageszeiten und Jahreszeiten wechseln ständig, das Dasein ist im steten Fluss. Schön, dass es dabei dennoch Konstanten gibt, die regelmäßig wiederkehren. Holiday on Ice ist eine solche Konstante, für große wie für kleine Fans der legendären Revue. Seit vielen Jahren ist Holiday on Ice Anfang Januar zu Gast in der Frankfurter Festhalle, so auch dieses Jahr wieder. Nachdem bei den vorherigen Shows das Gesangsduo Nica & Joe (Believe) und Giovanni Zarrella mit seiner Band Vintage Vegas (Passion) die Show musikalisch unterstützten, kommt die neue Show Time ohne extra Live-Musiker aus. Dafür wurde, wie mit Harald Glööckler bei Platinum, wieder ein großer Modedesigner für die Kostüme der Eisläufer verpflichtet: Thomas Rath. Er ist vielen vor allem als ehemaliger Juror der Castingshow Germany’s Next Topmodel bekannt. Seine Kostüme folgen dem Grundcharakter von TIME, schlichte Eleganz und Perfektion im Detail, nur wenig Exaltiertheit (die gibt es hier nur beim großen Finalbild, mit prächtigem Pfauenfederkopfschmuck bei den Damen).

Mehr als die vorherigen Shows zielt TIME darauf, sich ob der gezeigten hochkarätigen Eislaufkunst in poetischen Bildern, auf sich selbst zu besinnen, statt nur mit spektakulären Optiken zu verführen (Regie und Choreografie: David Liu). Der Titel ist zugleich das lose Motto. Time – Zeit für große Gefühle spannt nicht nur einen Bogen über einen Tag in seinen vielen Facetten, von der Arbeit bis zur After-Work-Party, sondern über die schönsten Momente im Leben und in der Liebe.

Holiday on Ice: Time
© Stage Entertainment

Dabei beginnt Time ganz beschaulich, mit einer Videoprojektion von Kindheitsbildern, einem Blick zurück. Dem folgt eine rasante Ensemblenummer, bei der das Thema Zeit nicht nur auf der Videoleinwand reflektiert wird, sondern sich auch in Form von Uhrziffern auf den Mantelrücken des Ensembles widerspiegelt. Solo, Duo und Ensemblenummern wechseln im Folgenden sehr harmonisch, die Übergänge sind stets perfekt arrangiert. Kraftvolle Nummern, wie mit Coldplays „Viva La Vida“ oder Snaps „Rhythm is a dancer“ (wie alle Songs auch in einer speziellen Club-Version) wechseln mit besinnlichen, wie das mit Mondscheinstimmung und Feuerwerk illuminierte „Come Fly With Me“ von Frank Sinatra. Selbst Klassik fehlt nicht, diese ist in Form von der spielerisch eingeleiteten „Für Elise“ und der „Mondscheinsonate“ (Auszüge aus dem 3. und 1. Satz) von Ludwig van Beethoven dabei. Feueranimationen gibt es hingegen mit Peggy Lees Version von „Fever“ , bei dem u.a. eine beeindruckende Spagatpirouette und zahlreiche Federfächer zu sehen sind. Die mit wildem Getrommel eingeleitete große Ensemblenummer „I don’t wanna lose you“ beendet den ersten, gut einstündigen Programmteil.
Nach der Pause geht es mit Dolly Partons gute Laune Hit „Nine to Five“ in einer energisierenden Fassung, bei der sich das Ensemble im Bürodress an Arbeitstischen präsentiert, weiter. Diese Nummer führt zu einer After Work Party an einem langen Bartresen weiter. Heiß wird es dann bei „Circus“, bei der Topsolistin Lisa Mochizucki im frivolen Zirkusdirektorinnenoutfit nicht nur äußerlich verführt, sondern mit ihrer kühnen Darbietungen für Begeisterung sorgt (während sie Männer in einem Käfig hält und nur temporär frei lässt). Vom Zirkus geht es in die wilde Natur, bei der sich die männlichen Läufer oberkörperfrei und die Damen in Bikinis und mit Schulterbedeckung zeigen (zu Kungs „This Girl“). Zu „Fire and Ice“ kommen spektakulär große Feuerfontänen zum Einsatz und ein Feuerhalbkreis wird auf dem Eis entzündet. Eine Nachtfahrt mit LEDs an den Sohlen führt schließlich zum großen Finale mit den prachtvollsten Kostümen.

Holiday on Ice: Time
© Stage Entertainment

Axel, Biellmannpirouette, Rittberger, Salchow, Toeloop…, im Mittelpunkt steht stets die Eislaufkunst. Und dieses Jahr sind echte Spitzensportler bei Holiday on Ice. Wie die fünffache deutsche Eiskunstlaufmeisterin Annette Dytrt (zusammen mit Yannick Bonheur), das ukrainische Paar Viktoria Maksiuta und Stanislav Vederski und die gebürtige Japanerin Lisa Mochizucki. Manche Nummern sind so krass, dass man fast wegschauen möchte, wenn z. B. die Partnerin an den Schuhen gehalten wird, drehend hoch und ab geschleudert wird und dabei fast mit dem Kopf auf dem Eis aufzuschlagen droht. Es gibt konstant beeindruckende Eislaufkunst, die insbesondere bei den vielen, elegant dargebotenen Hebefiguren und den waghalsigen Sprüngen viel Eindruck macht.
Die zahlreichen Eisläufer begeistern ob ihres hohen technischen Niveaus. Die Herren zeigen sich sehr risikofreudig, was bei der besuchten Premierenvorstellung allerdings auch zeigte, dass sie keine perfekten Maschinen sind. Garniert ist das Programm mit zwei artistischen Einlagen. Ein junger Athlet führt an einer zunächst schräg positionierten Pole-Stange mit viel ruhigen Bewegungen, fast schon wie in Zeitlupe, seine herausragende und kraftvolle Körperbeherrschung vor (im zweiten Programmteil Ähnliches an zwei Vertikaltüchern).
Nicht nur am Ende: sehr viel Applaus und ein begeistertes Publikum.

Markus Gründig, Januar 17