Bonifatius – Das Musical
Wettkampf der Züge, alternde Filmdiven, Attentäter und Löwenkinder, die Themen mit denen sich Musicals beschäftigen sind so bunt wie das Leben. Selbst religöse Themen werden da nicht ausgenommen, sei es ein Musical über Nonnen in Finanznot, die Geschichte Josephs oder gleich über Jesus. Ein Musical über das Leben eines Heiligen, der vor 1.250 Jahren gestorben ist, inszeniert nicht am Braodway oder im Londoner Westend, sondern im Herzen des katholischen Deutschlands, in Fulda, das läßt aufhorchen.
In Fulda wird in diesem Jahr der 1.250 Todestag des heiligen Bonifatius gedacht, zu diesem Anlaß produzierte die Spotlight Musicalproduktion GmbH ein Musical über eben diesen Heiligen, der sich die Verkündung der christlichen Botschaft von Liebe, Hoffnung und Vergebung zur Lebensaufgabe gemacht hatte. Ein Musical am Originalschauplatz, denn der gebürtige Engländer Bonifatius lebte nicht nur zum Teil in Fulda, er fand hier auch seine letzte Ruhestätte in einer Gruft des Fuldaer Doms, wo er 744 n.Chr. den Grundstein für ein Kloster gelegt hatte.
Ein ungewöhnliches Projekt, das sogar vom Bistum Fulda unterstützt wird. Kann dies gutgehen und einen spannenden, unterhaltsamen Musicalabend bescheren?
Es kann, und mehr als das! Der riesig Aufwand der für dieses Muscial betrieben wurde beeindruckt und wird nicht nur über den hervorragenden Kartenvorverkauf belegt (rund zwei Drtittel der 22.000 verfügbaren Tickets waren bereits zwei Monate vor der Premiere abgesetzt).
In unmittelbarer Nähe zum Dom von Fulda, im Schlosstheater, fand am vergangenen Donnerstag zum Auftakt der Bonifatius Jubiläums-Feierlichkeiten die Premiere statt und schon der ausgerollte rote Teppich machte deutlich, hier passiert ewas ganz besonderes. Persönliche Begrüßung sämtlicher Gäste durch den Produktionsleiter Michael Weiss am Eingang, Sektempfang und ein Publikum dass sich schick gemacht hatte, als würde es zum Opernball gehen, die besten Vorzeichen für einen wunderbaren Abend.
Das Musical selber beginnt in der heutigen Zeit, leider ohne Ouvertüre, dafür ein kurzer Prolog. Schon bald folgt der Sprung fast 1.300 Jahre zurück ins frühe Mittelalter, nach Germanien (Inhalt siehe Bonifatius-Infoseite auf kulturfreak.de). Anfangs noch etwas steif und förmlich, erinnert es zunächst an eine Kirchentagsaufführung, doch steigert es sich von Lied zu Lied (Regie: Reinfried Schießler). Der Auftritt des raubeinigen Friesenherzog Radbod (Frank Bahrenberg) bringt ein erstes Gegengewicht und spätestens mit Bischof Gewilip´s ekstasisch, lasiziven großartigen Auftritt (Stefan Poslovski) springt der Funke über und macht deutlich, wieviel Spaß auch ein frommes Thema machen kann.
Reinhard Brussmann als Bonifatius überzeugt mit kraftvoller Stimme. Bei allem würdevollen, erhabenenen Auftreten als Priester zeigt er aber auch, dass er in erster Linie ein Mensch ist, der erfüllt vom Glauben, den anderen Menschen dienen will und Ihnen Gottes Wort als Lebenshilfe und –führung näher bringen will.
Unterstützt wird er vom Schüler Sturmius (Arne Stephan), der eifrig in seines Meisters Fusstapfen tritt, sich aber auch in die hübsche Alrun (Leah Delos Santos) verliebt und so vor einer schweren Entscheidung steht.
Die Geschichte wird immer wieder durch den Mönch Willibald (Artur Ortens) unterbrochen, der die Handlung zusätzlich erläutert.
Neben den Hauptdarstellern wirken über zwanzig Leiendarsteller mit, die vor allem in den großen Tanz- und Ensembleszenen beeindrucken und sich harmonisch mit dem profissionellen Künstlern verbunden haben.
Auf ein Bühnenbild wird verzichtet. Lediglich drei raumhohe Bühnenelemente dienen dazu, den Raum zu füllen und werden für jede Szene verschoben und gedreht . Schnelle Ortswechsel sind so gut möglich, wobei die jeweiligen Orte nur angedeutet werden. Für die begrenzte Spieldauer eine akzeptable Lösung. Mit viel Gespür sorgt das Licht von Sabine Wiesenbauer für eine enstprechende Untermauerung.
Auf die Kostüme (Claudia Kuhr) wurde dafür umso mehr Wert gelegt, auch wenn es kaum Originalvorlagen aus dieser Zeit gibt.
Musik und Text stammen beide aus der Hand von Dennis Martin. Es sind gefällige Melodien, die sich mitsingen lassen, gospelmäßig erfreuen und auch emotional bewegen. Peter Scholz gelang es die unterschiedlichen Stile musikalisch zu verbinden, mittelalterliche Klänge wechseln mit groovigen Sounds (eine CD mit 16 Songs und 32seitigen Booklet ist bereits erhältlich, ebenso ein 48seitiges Programmheft, das dem einer Longrunproduktion in nichts nachsteht).
Der Schlusschor „Glaub an dich“ macht am Ende nocheinmal deutlich, dass es neben aller Unterhaltung und Komik (die es neben der Audienzszene vor allem mit den Gefährten Karlmann (Oliver Grice) und Pippin (Christian Burkhardt) gibt), auch um die Vermittlung von Werten geht, das Glaube und Kirche mehr bedeuten können als gemeinhin angenommen. Ein Musical das einlädt zum Nachdenken über die eigenen Werte und Ziele.
Bei der Premiere zum Schlussapplaus schon nach wenigen Sekunden Standing Ovations für ein mutiges Projekt, das überzeugt. Was in Fulda auf die Beine gestellt wurde, kann als Vorbild für den Rest der Republik dienen.
Markus Gründig, Juni 04
Dracula
Musicaltheater Basel (deutschsprachige Erstaufführung)
Die Figur des Dracula und die der blutgierigen Vampire sind nicht nur für die Filmindustrie ein immer wieder gern genommenes Thema. Auch im Musicalbereich gibt es regelmäßig neue Werke, die sich dieser Thematik annehmen. Im deutschsprachigen Raum am beliebtesten ist Kunzes/Steinmans Musical „Tanz der Vampire“, das derzeit in Hamburgs Neuen Flora zu erleben ist.
Diesen Rang könnte aber schon bald das Tschechische Musical „Dracula“ streitig machen. Wobei sich die beiden Stücke einem direkt Vergleich entziehen, inhaltlich und musikalisch sind sie sehr unterschiedlich.
Uraufgeführt 1995 in Prag, folgte jetzt, fast zehn Jahre später, am 30. April 04 die deutschsprachige Uraufführung von Dracula im Musicaltheater Basel, die dem Engagement von Walter Hitz/fine arts management zu verdanken ist.
Karl Swoboda (u.a. bekannt durch das Biene Maja Lied) komponierte die Musik, das Libretto stammt vom zwischenzeitlich verstorbenen Zdenek Borovéc, das Buch von Richard Hes. Übersetzt wurde das Musical vom gebürtigen Tschechen Dr. Michael Kunze.
Das aus drei Akten bestehende Musical ist komplett durchkomponiert. Jeder der drei Akte spielt in einer anderen Epoche (Inhalt siehe kulturfreak.de Dracula Info). Die Akte sind durch eine Pause getrennt, dies ergibt eine Aufführungsdauer von rund drei Stunden.
Langatmigkeit oder gar Langeweile kommen hierbei jedoch zu keiner Zeit vor. Herzzerreizende Liebesleidensschwüre wechseln mit aufbrausenden Actionszenen ab, für zusätzliche dramatische Unterstützung sorgt zudem ein großes Ensemble.
Die berührende romantische Liebe zwischen Dracula und seiner Adriana steht eindeutig im Vordergrund, auch wenn sie gleich im ersten Akt bei der Geburt des gemeinsammen Kindes stirbt. Die kraftvolle lyrische Musik Swobodas bietet dazu wundervolle berührende Themen und Balladen, die sich sofort im Ohr festsetzten.
Dank einer Top-Besetzung und durch die Zusammenarbeit mit dem Musicaltheater Gdynia ist den Baselern eine großartige Produktion geglückt. Mit Ethan Freeman als Dracula ist zusätzlich ein sicherer Kassenmagnet gewonnen worden und wie allein die CD-Aufnahme zur Show zeigt, meistert er diese Rolle mit Bravour.
Am Tag nach der Premiere war es die Stunde für den jüngeren Christian Venzke, der für den erkrankten Freeman einsprang. Hat er auch nicht die stimmliche Tiefe und das Volumen von Freeman, bietet er eine feinsinnigeren und glaubwürdig kämpfenen, aber auch liebenden Dracula und macht ihn durch seine Vielschichtigkeit zugleich sympatisch. Stimmlich schafft er auch die hohen Töne wie die kraftvollen („Gott, wenn es Dich gibt“).
Das auch Nebenrollen ganz groß herauskommen können zeigt der Schweizer Liebling Florian Schneider in den Rollen als Scapio, Diener und Arzt. In seiner spielerischem, diabolischen Art, seinen Augen- und Kopfdrehungen gleicht er der Figur des Gollom aus Herr der Ring.
Michaela Christl in der Roll der jungen englischen Lorraine landet nicht nur mit “ Hab‘ mich an Dich verloren“ in denHerzen der Zuschauer.
Schade das man von ihrem Bruder Steven (Patrick Biagioli) nur ein Lied zu hören bekommt („Ein schrecklicher Verdacht“), denn seine kraftvolle Stimme macht Lust auf mehr.
Keneath Derby in der Rolle des Priesters hat zwar ein schnelles Ende, kommt als mahnender Geist dann doch noch öfters zum Vorschein.
Zusätzliche Unterstützung bietet das Musicaltheater Gydniamit einem großen Tanz- & Gesangsensemble. Nyphmen und weitere Fabelwesen tauchen immer wieder auf, tanzen, turnen, und renken sich (Choreographie: Jaroslav Staniek).
Als durchgängiges Bühnenbild von Waldemar Zawodzinski gibt es eine mehrgliedrige Ziegelsteinkonstruktion, die mal als Kloster, als Burg oder auch als Casino dient. Flexible Wände und eine gute Beleuchtung (René Kraus) reichen aus. Andere Orte wie das Schlafgemach der Geliebten oder das Kliniklabor finden einfach an der Seite statt, aufgrund der begrenzten Spielzeit eine gute Lösung.
Die Geschichte wird flott und logisch erzählt. Lediglich im dritten Akt ist es mitunter nicht ganz einfach zu verstehen, warum jetzt was passiert.
Die Zeitgemäßen Kostüme von Waldemar Zawodzinski bestechen in den ersten beiden Akten mit hübschen Kleidern und einem coolen Lederoutfit für Dracula. Ein Mißgriff lediglich im Dritten Akt, hier hat die brutale Rockband eine Mischung aus Karneval- und Zirkuskostümen an, was einfach nur lächerlich wirkt und dem spannenden Finale den Wind u nehmen droht.
Die Mädchen kommen Zeitgeist mäßig im T.a.t.u.-Look daher (weiße Bluse, schwarzer Minni) und natürlich knutscht ein Paar auch kurz mitten in der Bühne. Die von Dracula als vermeintliche Adriana angesehene erscheint im Look einer Stacey Ferguson.
Dracula ist ein wirklich romantisches, emotionales Musical und eine wundervolle Berreicherung für die deutschsprachige Musicallandschaft.
Aufgrund von Vermietungen des Theaters hat das Stück nur eine begrenzte Spielzeit in Basel, deshalb schnell Karten sichern.
Markus Gründig, Mai 04
UND DIE LIEBE HÖRET NIMMER AUF
Projekt Campus Kultur Frankfurt
Ein Theaterstück über die Liebe in den Zeiten der Arbeitslosigkeit
Unter der Regie von Willy Praml hatte am 23. März 04 „Und die Liebe höret nimmer auf“ Premiere in der Fachhochschule Frankfurt Premiere. Das Stück wurde aus verschiedenen Stücken von Ödon von Horath zusammengestellt und spielt nicht etwa im Festsaal sondern raumübergreifend an verschiedenen Plätzen innerhalb und außerhalb der FH: anfangs im Foyer des Hauses, zieht das aus Studenten und ehemaligen Studenten bestehende Ensemble samt Publikum im Laufe des Abends durch die gesamte Fachhochschule: vom Foyer zur Mensa, in die Tiefgarage, in den Hof, vor den Aufzug, hinauf in den vierten Stock mit wunderbaren Blick auf die Frankfurter Skyline und zum Ende wieder im Foyer.
Gescheiterte Charaktere, Verliebte, Sehnsüchtige, Enttäuschte und dennoch bei alldem nicht Verzweifelnde, ihre Schar ist bunt gemischt, so wie die Darsteller aus unterschiedlichen Ländern und Fachbereichen stammen, sind auch ihre Rollen angelegt. Sie spielen leidenschaftlich und mit viel Spaß.
Dabei kommt bei der zweieinhalbstündigen Aufführung ohne realer Pause keine Sekunde Langeweile auf. Das Spiel der Studenten ist packend und Praml hat sie mit Hilfe von Birgit Heuser und Michael Weber wohl temperiert ins Licht gesetzt. Packend wie Theater in den unterschiedlichen Räumen erlebt werden kann !
Markus Gründig, März 04
Tabaluga auf Abschiedstournee
Nach einer erfolgreichen Tour im vergangenen Herbst startete Peter Maffay´s Tabaluga jetzt erneut auf „die Suche nach dem verschenkten Glück“. Die zugleich letzte Tour des kleinen grünen Drachens hatte am 19. März 04 Pemiere in Frankfurt am Main, wo vor 10 Jahren bereits die erste Tabaluga Tour begann.
Tabalugas „Sucha nach dem Glück“ wird in farbenfrohen, großartigen Kostümen, raumergreifend erzählt. Die Handlung findet am wenigsten auf der Bühne statt, vielmehr dient fast der gesamte Zuschauerraum im Parkett als Spielfläche. Von der Frontbühne reicht ein langer Steg in die Saalmitte, an den Seiten stehen zusätzlich große Podeste. Die Darsteller laufen, tanzen, ja fliegen sogar von Ort zu Ort. So gibt es viel zu sehen: beindruckende Ensemblenummern wie beim Einzug der Binen oder die Rettungsaktion Tabalugas.
Hier zeigt sich eine gelungene Mischung zwischen Show, Musical und Rockkonzert. Denn zwischen der märchenhaften Handlung gibt es natürlich reichlich Gesangseinlagen, meist von Peter Maffay, aber auch von den weiteren Hauptdarstellern. Große Namen sind dabei, so zum Beispiel Heinz Hoenig, Rufus Beck, Sissi Perlinger und Ben Becker. Letztere nur bei denAufführungen in Frankfurt, denn die Rolle des „Pechvogels“ wird in jeder Tourstation von einem anderen gespielt werden. Weitere „Pechvögel“ sind Georg Ringswandl, Eisi Gulp, Udo Lindenberg, Tobias Künzel und Götz Alsmann.
Gleichwohl bleiben die großen Darsteller in den Rollen und ihren phantastischen Kostümen stecken, können kein eigenständiges Profil entwickeln, sollen sie aber auch erst gar nicht.
Dem bunt gemischte Publikum ist es eh egal, sie sind gut drauf, viele waren schon bei vorherigen Tabaugaabenteuern dabei und freuen sich einfach, an diesem Abenteuer Tabalugas teilhaben zu können. Dabei wird allen Altersklassen die passende Unterhaltung geboten. Trotzdem außergewöhnlich viele Kinder im Publikum sitzen, bekommen auch die Erwachsenen akustisch und optisch einiges geboten, sei es nun Jennifer Bae als wilde Geigerin oder die athletischen Körper der Tänzer und Akrobaten.
Weitere Stationen der Tour waren München, Dortmund, Kiel, Karlsruhe, Essen und Berlin.
Markus Gründig, März 04
Bäppi La Belle: Mit 66 Fummeln
Seit 10 Jahre treibt Bäppi La Belle im eigenen TiTs-Theater (dem Theater in der Tanzschule) ihr Unwesen. Jeden Freitag und Samstag Abend wechselt Thomas Bäppler das Geschlecht und wird zur bezaubernden Bäppi.
Sätestens mit „This is my Life“ hat sich Bäppi La Belle über das Rhein-ManGebiet hinaus einen Namen gemacht und die Erfolgsgeschichte mit den Shows „Ich war nie Revuetänzerin“ und „Trouble on Broadway“ nicht nur fortgesetzt sondern ihren unauförlichen Höhenflug fortgesetzt.
Bäppi La Belles Show´s sind keine gewöhnliche Travestieshows, vielmehr hat sie sich viel Witz und Unterhaltung auf die Fahne geschrieben und nennt das ganze auch gleich passend „the very crazy travedy“.
Das 10 jährige Jubiläum ist jetzt Anlaß für die neuste Show „Mit 66 Fummeln“, die hauptsächlich an die ersten sieben Jahre aufbaut und so jedem der über 30.000 Besucher der letzten drei Jahre überwiegend neues bietet. Neuer, alter Fummel satt, sei es Bäppi als Matrose oder Grand Dame, Bäppi gewinnt mit ihrem einmaligen Charme sofort die Herzen der Zuschauer. Die Lieder werden in der Regel live gesungen und natürlich mit reichlich derben Witzen garniert. Das Publikum tobt, drei Stunden spaßige Unterhaltung, die im Flug vergehen. Ein Wiederkommen ist vorprogrammiert.
Markus Gründig, März 04