Tölzer Knabenchor startete Weltersteinspielungen

Der Tölzer Knabenchor mit einer neuen Reihe an Bach-Weltersteinspielungen. © Tölzer Knabenchor - Klaus Fleckenstein

Der Tölzer Knabenchor und das Barockorchester Concerto München unter Julian Wachner starteten am 7. März 25 eine Reihe mit Weltersteinspielungen von J. S. Bach-Kantaten der sogenannten „Entwurff-Reihe“. Die Kantaten wurden erstmals nach Bachs eigenen, vor 275 Jahren geschriebenen Vorgaben aufgeführt – und für die CD sowie die Veröffentlichung in sozialen Medien aufgezeichnet.

Der in Unterföhring ansässige Tölzer Knabenchor, Concerto München und die unterstützende Concerto Vocale Foundation starteten das Projekt in der Münchner Himmelfahrtskirche Sendling.
Auf dem Programm standen die Kantaten:

  • „Jesu, der du meine Seele“ BWV 78
  • „Jauchzet Gott in allen Landen“ BWV 51, Solo-Kantate für Knabensopran
  • „Liebster Gott, wenn werd ich sterben?“ BWV 8
  • „Lobet Gott in seinen Reichen“ BWV 11

Das neue Projekt „Bach-Kantaten der Enwurff Reihe“:

Der Start der Reihe, die zwei Kantateneinspielungen pro Jahr beeinhalten wird und deren Programm jeweils kurzfristig auf den aktuellen Stimmzustand z.B. von Chor-Solisten zugeschnitten wird, machten die Kantaten BWV 8-11-78 und die Sopran-Solokantate BWV 51. Sie wurden vom Tölzer Knabenchor und seinen Solisten gemeinsam mit dem Barockorchester Concerto München aufgeführt und vom für den Grammy nominierten Julian Wachner dirigiert.

Wachner: „Die Entwurff-Reihe, die wir hier in München aufnehmen, könnte man als eine Aktualisierung der bahnbrechenden Bach-Kantaten betrachten, die Nikolaus Harnoncourt und Gustav Leonhardt in den siebziger und achtziger Jahren aufgenommen haben.“

Für den Tölzer Knabenchor ist das Projekt auch deshalb ein ganz besonderes, weil es auf die Wurzeln des Chores zurückgreift: Beruhte doch die Gründung des Tölzer Knabenchores 1956 durch Gerhard Schmidt-Gaden auf den damaligen Erkenntnissen des Leipziger Bach-Archiv. Bach‘s Werke in historischer Aufnahmepraxis wiederzubeleben, war Gerhard Schmidt-Gadens erklärtes Ziel.

Hintergrund:

Im August 1730 legte Bach in seinem berühmten „Entwurff einer wohlbestallten Kirchen Music“ für den Leipziger Stadtrat die Größe und Zusammensetzung seiner Kantatenchöre fest. „Zu einer wohlbestallten Kirchen Music gehören Vocalisten und Instrumentalisten (…) Zu iedweden musicalischen Chor gehören wenigstens 3 Sopranisten, 3 Altisten, 3 Tenoristen, und eben so viele Baßisten, damit, so etwa einer unpaß wird (wie denn sehr offte geschieht, und besonders bey itziger Jahres Zeit (…) wenigstens eine 2 Chörigte Motette gesungen werden kan.“

Bis heute gibt es keine Belege dafür, dass nach Bachs Tod seine Kantaten jemals wieder so aufgeführt (und aufgezeichnet) wurden, wie er es im „Entwurff“ vorgeschrieben hat, nämlich mit einem Männerchor und Knaben, die Sopran- und Altstimmen singen, mit drei (oder vier) Stimmen pro Stimme und Solisten aus dem Chor. Die Zahl der Instrumentalisten, die die Sänger begleiten sollen, gibt Bach mit 18 bis 22 an.

Veröffentlichungen:

Die Aufnahmen wurden als Audio- und Videostreaming für die Veröffentlichung in den sozialen Medien aufgezeichnet. Die CD-Veröffentlichung in den USA erfolgt über das Label Musica Omnia, der Vertrieb in der EU und Asien über den deutschen Verlag Perfect Noise.

Die in den USA ansässige Concerto Vocale Foundation unterstützt das Projekt der „Entwurff-Reihe“. Peter Catalano, Geschäftsführer der Stiftung: “Für uns ist diese Bach-Entwurff-Reihe so etwas wie ein musikwissenschaftliches Laborexperiment. Im Laufe der Jahrzehnte sind Bach-Kantaten auf viele, viele verschiedene Arten aufgeführt worden, mit Chören, die von minimalistischen Einzelstimmen bis hin zu gigantischen, hunderte von Stimmen umfassenden Ensembles reichen. Soweit wir feststellen konnten, ist dies das erste Mal, dass die Kantaten auf Bachs Art und Weise aufgeführt werden – und es ist verwunderlich, dass es so lange gedauert hat.“

toelzerknabenchor.de / concerto-muenchen.de