Tanzperformance im Produktionshaus NAXOS

Bild aus „From the Rhythm to the Sea“, einem Triptychon von Anna Lublina und Rüzgâr Buşki im Künstlerhaus Bethanien (2024) ~ Foto aufgenommen von Boaz Arad

the land speaks to me of something shared: a prayer for ancestral rhythms
Von: Anna Lublina und Samuel Hatchwell (hoyah)

Rhythmus reist, Rhythmus migriert, Rhythmus passt sich an, Rhythmus widersetzt sich. Rhythmus ist Vibration, die den eigenen Herzschlag mit dem Herzschlag eines anderen synchronisiert. In dieser Performance ist Rhythmus Ausdruck jüdischer Diaspora, er reicht zurück in die Zeit, in der jüdisch-muslimische Welten miteinander verflochten waren. In Welten, die nicht definiert waren durch Grenzen, Nationalismen oder Teilungen, die im Zuge des Kolonialismus entstanden sind. Künstler*in Anna Lublina und Musiker hoyah arbeiten mit Stepptanz, erweiterten Stimmtechniken und Live-Mixing, und stellen sich die Frage, was uns die politische und kulturelle Geschichte des diasporischen jüdischen Rhythmus (und seine Verkörperungen) in einer Zeit lehren kann, die von Polarisierung und Gewalt geprägt ist.

Die Tanzperformance feiert Premiere im Produktionshaus NAXOS am 28. März 2025 und findet in englischer Sprache statt.

the land speaks to me of something shared: a prayer for ancestral rhythm ist die Weiterentwicklung einer andauernden Forschung über die Gegenwart jüdischer Ahnen und Synchronisation als Methodik für eine antinationale, radikal diasporische Zukunft. Fragen dieser Forschung sind: Können wir uns mit unseren Ahnen verbinden – synchronisieren -, indem wir ihre Rhythmen verkörpern? Kann die Synchronisation durch Bewegung und Musik eine Kommunikationsform mit anderen Zeiten sein? Wir wollen die Geschichte der jüdisch-muslimischen Konvivalität und der gemeinsamen arabischen Identität erforschen.

Ausgehend von Archivrecherchen zu verschiedenen Formen jüdischer Rhythmen – Usbekische Shashmaqam-Musik, talmudische Gebete, landwirtschaftliche Praktiken usw., – suchen und finden wir jeden dieser Rhythmen in unseren Körpern durch Stepptanz und Stimm-Arbeit wieder. Wie verändert das Tanzen oder Singen dieser Rhythmen den inneren Rhythmus des Menschen? Wenn wir denselben Rhythmus über einen langen Zeitraum beibehalten, können wir uns dann mit den Welten der Ahnen, aus denen diese Rhythmen stammen, synchronisieren? Wie erzeugen diese Rhythmen aus historischen Momenten muslimisch-jüdischer Konvivialität unterschiedliche Körperlichkeiten, Zustände, Spannungen oder Einsichten in unseren Körpern?

Wir sammeln und überlagern Bewegung, Stimme, archivierte Klänge, die spezifische Resonanz der jeweiligen Geografie und Fragmente der Geschichte, um einen (Klang-)teppich der muslimisch-jüdischen Koexistenz zu schaffen und zu zeigen, wie sich diese seit 1948 entwickelt hat. Wir sind daran interessiert, die Strukturen dieser Koexistenz in den Welten unserer Ahnen zu erforschen und (auf einer somatischen Ebene) zu erschließen und Empfindungen und Geschichten zu teilen, die uns helfen könnten, die zunehmend gespaltene Kultur von heute zu navigieren und zu entschärfen.

Besetzung:

Konzept / Performance: Anna Lublina und Samuel Hatchwell (hoyah)
Dramaturgie: Gry Tingskog
Text: Jasmina Al-Qaisi
Bühnenbild/ Kostümdesign: Julie Weitz
Lichtdesign: Gry Tingskog
Outside Eyes: Romuald Krężel
Unterstützung Stepptanz: Mariana Souza Prét
Unterstützung Stimme/Vocals: Alex Piasente-Szymański
Produktionsleitung: Marit Buchmeier, Lisanne Grotz /xplusdrei Produktionsbüro

Termine 2025:
Freitag, den 28. März, 20:00 Uhr
Samstag, den 29. März, 20:00 Uhr
Donnerstag, den 03. April, 20:00 Uhr
Freitag, den 04. April, 20:00 Uhr

Tickets: Solidarischer Eintrittspreis: Zahl, was du kannst. Reservierung unter: studionaxos.de

Gefördert durch: Ottilie Roederstein Stipendium des Hessischen Ministeriums für Wissenschaft und Forschung, Kunst und Kultur; Kulturamt der Stadt Frankfurt am Main; Kulturamt Gießen; Fonds Darstellende Künste aus Mitteln der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien. Entwicklung gefördert durch das LAB am English Theater Berlin und das Ma’r’ayah Fellowship für jüdische und muslimische Künstler im Künstlerhaus Bethanien.

Kurzbiografien der Beteiligten

Anna Lublina (they/them) ist ein*e interdisziplinäre*r Performance-Macher*in, Pädagog*in und Dramaturg*in, der*die in Annas Arbeit und Leben wechselseitig vorteilhafte Beziehungen zwischen Menschen, Objekten und Umgebungen aufbaut. Als Kind sowjetisch-jüdischer Einwanderer fühlt Anna sich von der Diaspora als kreativem Format und als antinationaler politischer Orientierung angezogen. Nach Abschluss des Masterstudiums in Choreografie und Performance an der Justus-Liebig-Universität Gießen (ATW) 2023 lebt Anna nun in Berlin. Anna ist derzeit CEC Artslink Fellow in Bukhara, Usbekistan, Mar’a’yeh LABA Berlin Fellow im Künstlerhaus Bethanien und Trägerin des Ottilie-Roederstein-Preises für Nachwuchskünstler*innen 2024. annalublina.com

hoyah חיה – „to be, become, come to pass, exist, happen, fall out“, ist experimenteller elektronischer Musiker und visueller Künstler mit Sitz in Berlin, der sich auf Sampling und Produktionstechniken konzentriert, um Collagen aus musikalischen und visuellen Gefühlen zu schaffen. Mit dem Fokus auf speziell kuratierte Richtlinien zielt hoyahs Arbeit darauf ab, das Publikum auf eine klangliche Reise zu schicken, indem hoyah Texturen, reale Klänge und populäre Musikthemen verwendet, um eine nachdenkliche Botschaft zu vermitteln. Mit einer Vielzahl von Klangquellen, die von modernen elektronischen Instrumenten bis hin zu archivierten jüdisch-arabischen Aufnahmen reichen, versucht hoyah, die Grenzen seiner Klangwelt zu erweitern und sie gleichzeitig in einem zugänglichen Format zu präsentieren. Die Themen von hoyahs Arbeit konzentrieren sich auf Transzendentalismus (insbesondere in der jüdischen Kultur), Psychedelik, Intimität und Gelassenheit. soundcloud.com/hoya-helper

Die Praxis von Gry Tingskog (they/them) bewegt sich zwischen kollaborativer Performance, Performance, kollektiver Praxis und Organisation, Unterricht, Lichtdesign, Dramaturgie und Schreiben. In Grys choreografischen Arbeit verwebt Gry Tanz, Textilskulptur, Technologie, Programmierung und Text zu experimentellen multisensorischen und immersiven Erfahrungen. Oft im Dunkeln. Gry erforscht die sensorische Verarbeitung und Choreografien der Aufmerksamkeit. Indem Gry Rhythmen von sensorischen Informationen über szenische Medien und Körper hinweg entwickeln, fragt Gry, wie sich ein Tanz mehr im Körper und in der Vorstellung des Publikums entfalten kann als nur direkt vor Augen auf der Bühne. grytingskog.com

Julie Weitz ist Künstlerin, Autorin und Pädagogin. Sie schafft verkörperte, kollektive Erfahrungen zur Wiedergutmachung, indem sie die Wunden und die Widerstandsfähigkeit der Diaspora-Kultur freilegt. In ihrer forschungsbasierten Praxis lässt sie Figuren der jiddischen Folklore lebendig werden und erforscht Themen des Verlusts und der Heilung durch ihre Interaktionen an kulturell bedeutsamen Orten – vor allem dort, wo die jiddische Kultur fast ausgerottet wurde. Weitz setzt sich mit Karikatur, Folklorismus und Verortung auseinander, um ihre Arbeit in die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft jüdischer kultureller Entwicklungen einzuordnen. julieweitz.com

Jasmina Al-Qaisi ist eine Dichterin. jasminescu.com

Romuald Krężel – geboren in Polen, in Berlin lebender Choreograf und Performer. Er hat einen MA in Choreografie und Performance von der Justus-Liebig-Universität Gießen und einen MA in Schauspiel von der Łódź Film School in Polen. Romuald kommt aus dem Arbeitermilieu und identifiziert sich als queere Person. Seine künstlerische Arbeit wird von erweiterten choreografischen Praktiken genährt, die visuelle und performative Elemente einbeziehen. Die daraus resultierenden bewegungsbasierten Performances, ortsspezifischen Installationen, partizipativen Projekte, Videos und anderen hybriden Formate erforschen Themen wie Arbeit, Widerstand, Klassenkampf, Klimawandel und den potenziellen Austausch zwischen Menschen und Nicht-Menschen. romualdkrezel.com

Über das Produktionshaus NAXOS

Das Produktionshaus NAXOS ist aus der Kooperation von THEATER WILLY PRAML und studioNAXOS hervorgegangen. Getragen wird es von den Gruppen DORFPRODUCT und ELEGANZ AUS REFLEX, dem Ensemble THEATER WILLY PRAML, das bereits seit 2000 die Naxoshalle bespielt, sowie freien Produktionen von Künstler*innen mit Arbeitsschwerpunkt in Frankfurt am Main und Hessen.

Das Verbindende ist der gemeinsame Wunsch, der Vielfalt Raum zu geben sowie die Begeisterung für die Originalität und die Möglichkeiten des Ortes – dem Industriedenkmal Naxoshalle.

Das Produktionshaus NAXOS ist für den Betrieb der gemeinsamen Spielstätte zuständig und stellt diese auch für das naxos.Kino und die Naxos Hallenkonzerte sowie für Kooperationen bereit.

produktionshausnaxos.de