Spielzeitauftakt Schauspiel am Hessischen Staatstheater Wiesbaden

Staatstheater Wiesbaden ~ Großes Haus ~ © Sven-Helge Czichy Kolonnaden Foto: Sven-Helge Czichy

Zwei sehr unterschiedliche Schauspielproduktionen feiern am Eröffnungswochenende des Hessischen Staatstheaters Wiesbaden unter der Intendanz von Dorothea Hartmann und Beate Heine Premiere.

Spiel der Illusionen von Pierre Corneilles
Double Serpent von Sam Max


Spielzeitauftakt-Komödie „Spiel der Illusionen“ von Pierre Corneille feiert das Theater

Mit einem Klassiker der französischen Dramenliteratur entfacht das Schauspiel des Hessischen Staatstheaters Wiesbaden zu Spielzeitbeginn ein Fest des Theaters. Am Samstag, den 28. September um 19:30 Uhr feiert Pierre Corneilles Komödie „Spiel der Illusionen“ in der Regie von Christina Rast Premiere im Kleinen Haus.

Das turbulente Ensemblestück entzündet ein Feuerwerk an Witz und Wirrungen, mit Tanz, Live-Videoeffekten, die immer wieder spielerisch die Einheit der Zeit und des Ortes durchbrechen, und metafiktionalen Wendungen. Das Spektakel der Illusionen, in dem niemand sicher sein kann, was Schein und was Wahrheit ist, spielt auf einer barock angehauchten Bühne mit surrealen fantastischen Elementen und farbstarken Kostümen. Ein Teil der Inszenierung spielt in einem Schaustellerwagen vor den Kolonnaden. Eine Video-Übertragung bringt das Geschehen auf die Theaterbühne sowie aus dem Theater in den öffentlichen Raum.

Ein Vater sucht seinen Sohn. In der Höhle des Zauberers Alcandre bekommt er vor Augen geführt, was sich im Leben des Sohnes derweil abgespielt hat: Clindor, bei seinem Vater in Hessisches Ungnade gefallen, verdingt sich bei einem prahlerischen Kriegshelden. Dieser ist nicht nur erfolgreich auf dem Schlachtfeld, auch in der Liebe fallen ihm alle Herzen zu.

Nur eine widersteht ihm: seine Auserwählte Isabelle. Auch den Edelmann Adraste verschmäht Isabelle, denn: Sie hat sich in Clindor verliebt. Und der liebt sie. Machtlos muss der Vater mit ansehen, wie Clindor für seine Liebe alles aufs Spiel setzt. Wer hoch hinaus will, kann tief fallen, und so landet Clindor im Kerker und wartet auf seine Enthauptung…

Pierre Corneille (1606-1684) gilt neben Molière und Jean Racine als einer der großen Theaterautoren dieser Epoche. Seine „L’Illusion comique“ verarbeitet auf kunstvolle Weise das beliebte barocke Motiv des Theaters im Theater. Zentral ist die Lobrede des Zauberers auf die Bedeutung des Theaters – ein augenzwinkernder Kunstgriff Corneilles, der schon früh das Schreiben von Gedichten und Theaterstücken dem für ihn vorgesehenen Werdegang als Jurist vorzog. Christina Rast zeigt den selten zu erlebenden Klassiker in einer kurzweiligen frischen Inszenierung mit überraschenden medialen Elementen und einem spielfreudigen, weiblichen Ensemble.

Die Schweizer Theaterregisseurin inszenierte an renommierten Häusern wie dem Thalia Theater Hamburg, dem Schauspiel Hannover und dem Residenztheater München. Einmal mehr arbeitete sie für diese Produktion mit der bildenden Künstlerin und Kostüm- und Bühnenbildnerin Franziska Rast zusammen, die das Bühnenbild entwarf. Für die Kostüme zeichnet Sarah Borchardt verantwortlich. Neben den etablierten Ensemblemitgliedern Evelyn Faber, Sybille Weiser und Maria Wördemann stellen sich mit der Produktion Trang Dông, Lisa Freiberger, Süheyla Ünlü und Sandrine Zenner dem Wiesbadener Publikum vor.

Im Anschluss an die Premiere lädt das Staatstheater zur großen Premierenfeier ins Foyer ein.

Spiel der Illusionen

(L’Illusion comique)

Von: Pierre Corneille (1606 – 1684)
Uraufführung: 1636 (Paris, Théâtre du Marais)

Premiere am Staatstheater Wiesbaden: Samstag, 28. September 24 (Kleines Haus)

Inszenierung: Christina Rast
Bühne: Franziska Rast
Kostüme: Sarah Borchardt
Musik: Patrik Zeller
Video: Gérard Naziri
Choreografie: Myriam Lifka
Dramaturgie: Sophie Steinbeck

Besetzung:

Pridamant: Evelyn Faber
Alcandre/Geronte: Sandrine Zenner
Clindor: Süheyla Ünlü
Isabelle: Trang Dông
Lyse: Maria Wördemann
Matamore: Sybille Weiser
Eraste/Adtraste: Lisa Freiberger
Tänzer: Jan Diener, Charlie Jordan Friesenhahn, Joel Spinello, Dwayne GIlbert Besier

Weitere Termine: DO, 03.10., SO, 06.10., SO, 13.10., SO, 20.10., SA 27.10., Mi 30.10.


Ersan Mondtag inszeniert die Uraufführung „Double Serpent“ von Sam Max am Hessischen Staatstheater Wiesbaden

Einen starken Akzent setzt das Hessische Staatstheater Wiesbaden zum Spielzeitauftakt mit der Uraufführung des Schauspiels „Double Serpent“. Ersan Mondtag inszeniert das Auftragswerk von Sam Max – Autor:in, Regisseur:in, Musiker:in und Designer:in aus New York – einen packenden Thriller mit beklemmend starken Bildern. Das Stück handelt von tabuisierten Zonen der Gesellschaft, in denen traumatische Erinnerungen und sexuelles Begehren sich in eine Traumwelt aus Lust und Schmerz verwandeln.

Der Zusammenhang von Gewalt und Begehren ist noch immer ein Mysterium, für viele ist er ein Tabu. Dabei finden sich zahlreiche gesellschaftliche Phänomene, in denen sich Lust und Schmerz verbinden: Nicht nur sexuelle Praktiken, auch „toxische“ Beziehungen basieren auf einer Dynamik von Machtausübung und Leid. Nicht zuletzt zeugt die Flut an Gewaltdarstellungen in Filmen und Videospielen von der Verbreitung lustvoller Gewalt. Diesen Widersprüchen spürt Sam Max in „Double Serpent“ nach. Das Drama erzählt die Geschichte des jungen Connor, der als Kind in traumatisierenden Verhältnissen bei einem Chirurgen lebt und als junger Mann Gefallen an Akten der freiwilligen Selbsterniedrigung findet. Nach der Flucht vor seinem Adoptivvater nach New York erlebt er in der Beziehung zu einem Schauspieler die Verwandlung seiner Ängste in Gefühle der Liebe. Aber das ist noch nicht das Ende seiner Reise zu selbstbestimmten Glück …

In einer Verflechtung von Szenen, die Brutalität metaphorisch und unterbewusst-träumerisch darstellen, wird das Gewaltpotential der „zivilisierten“ Gesellschaft offengelegt. Ohne moralisch zu urteilen, wirft Max einen Blick hinter die Schamgrenzen. Die Frage nach Täter und Opfer wird zweitrangig in der Beobachtung einer Tabuzone. Im Zentrum steht die selbstheilende Kraft der Zuversicht, die es dem verletzten Individuum ermöglicht, sich selbst eine Zukunft zu erobern, in der Gewalt nicht mehr schmerzt.

Zwischen den Feldern Theater und Musik, Performance und Installation arbeitend, sorgte Ersan Mondtag dieses Jahr auch als Gestalter des Deutschen Pavillons auf der Biennale in Venedig für Furore. Mondtags Inszenierungen wurden mehrfach zum Berliner Theatertreffen eingeladen. Theater heute kürte ihn 2016 zum Nachwuchsregisseur und zum Bühnenbildner und Kostümbildner des Jahres sowie 2017 zum Kostümbildner des Jahres. Die Deutschen Bühne wählte ihn zum Bühnenbildner des Jahres 2017. Für seine Dortmunder Inszenierung „Das Internat“ erhielt Mondtag den 3sat-Preis. Er arbeitet u. a. am Thalia Theater Hamburg, am Burgtheater Wien, am Schauspiel Köln, dem NT Gent, am Berliner Ensemble und am Maxim Gorki Theater. Er inszeniert ebenso Musiktheater, u. a. an der Oper Flandern und der Deutschen Oper Berlin.

Von Sam Max, geb. 1995, wurde zuletzt am Deutschen Theater Berlin das Stück „Wüste“ über zerstörerische Körperbilder in Hollywood gezeigt. Sam Max wirkt in den Bereichen Text, Theater, Musik, Kunst und Performance. Max‘ Arbeiten beschäftigen sich mit Themen wie Sexualität, Geschlechter- und Körperbeziehungen, Klasse, Jugend, Gewalt, der Filmindustrie und Amerika. Max erhielt Arbeits- und Aufenthaltsstipendien von National Sawdust, The Mastheads, Cutting Ball Theater, Hermitage Artists Retreat und der Foundation for Contemporary Arts in New York. Vom Filmmaker Magazine wurde Max jüngst als eines der 25 Gesichter des unabhängigen Films genannt. Als Dramatiker:in gewann Sam Max das mehrjährige Aufenthaltsstipendium der New Dramatists und wurde von Young & Hungry in die Liste von Hollywood’s Top 100 New Writers aufgenommen. Max‘ Stück „PIDOR und der Wolf“ gewann den Chesley/Bumbalo Playwriting Award, es war im Finale bei der O’Neill National Playwrights Conference und erhielt eine lobende Erwähnung für den Relentless Award.

Double Serpent

Von: Sam Max

Premiere / Uraufführung am Staatstheater Wiesbaden: Sonntag, 29. September 24 (Kleines Haus)

Inszenierung: Ersan Mondtag
Bühne: Alexander Naumann
Kostüme: Teresa Vergho
Musik: Benedikt Brachtel
Video: Luis August Krawen
Dramaturgie: Till Briegleb

Besetzung:

Connor: Timur Frey
Felix: Felix Strüven
Fake Dad: Lasse Weber
Eric 1/Eric 2: Jonas Grundner-Culemann

Weitere Termine: FR, 04.10., FR 11.10., SA, 19.10, DO, 31.10., jeweils 19.30 Uhr

www.staatstheater-wiesbaden.de