Selbstbewusstsein und verhaltener Optimismus bei Elefantenrunde zum Start der 11. Privattheatertage in Hamburg

Kurz vor dem Start der 11. PRIVATTHEATERTAGE in Hamburg sind im Altonaer Theater Intendantinnen und Intendanten der zum Festival eingeladenen Häuser zusammengekommen, um sich über die künstlerische und wirtschaftliche Zukunft der Privattheater auszutauschen.

Trotz vielerorts unbefriedigender Zuschauerzahlen zeigten die Theaterleiter*Innen sich verhalten optimistisch und bereit, die gesellschaftlichen Veränderungen und die ökonomischen Herausforderungen nach Corona aktiv mitzugestalten.

„Private Bühnen leisten einen erheblichen Beitrag zur Starkung der kulturellen Identitat und Vielfalt unserer offenen Gesellschaft“, sagte Axel Schneider, Initiator der Privattheatertage und Intendant des Altonaer Theaters.

„Transformation ist manchmal auch Luxus“, sagte Nico Dietrich, Leiter Junges Theater Göttingen, eingeladen zum Festival mit dem modernen Klassiker „Herald und Maude“. Zwischen beiden Statements liegt die gesamte Bandbreite von aktuellen Problemen, mit denen die nicht staatlichen Buhnen kämpfen.

Trotz erheblicher Pandemiehilfen und der Förderung durch Länder und Kommunen ringen viele Häuser mit inflationsbedingten Mehrkosten, steigenden Energiepreisen, höheren Gehältern und – dem grassierenden Fachkräftemangel vor allem im bühnentechnischen Bereich.

Trotz allem, so Renate Heitmann, Intendantin des Shakespeare Company Bremen: „Theater ist der Ort, an dem man die Diskussionen der Gesellschaft wahrnimmt, um sich zu orientieren.“ Ihre Company gastiert mit der deutschsprachigen Erstaufführung von David Greigs „Der seltsame Fall der Prudencia Hart“, ein ungestümes, Whiskey-getränktes soziales Fest, mit Scotish-Folk, Tanz und Gesang an ungewöhnlichem Ort, dem Galionsfigurensaal des Altonaer Museums.

Intendantin Christine Haas vom Gostner Hoftheater Nürnberg bringt mit der Kömodie „Howe to Date a Feminist“ ein Stück ihres auf mehrere Spielzeiten ausgelegten Theaterprojekts zum Thema Gendergerechtigkeit und Diversität nach Hamburg.

Für das bunte Spektrum privater Bühnen und Programme steht nicht zuletzt das Theater Ansbach, das erst seit 2007 mit der Umwandlung von einem Gastspielbetrieb in ein eigenständiges Theater mit Repertoirespielplan als großes Haus mit kleinem, festem Ensemble geführt wird. Im Hamburg stellt Intendant Axel Krause „Die Dreigroschenoper“ in ganz großer Besetzung vor.

Übereinstimmung herrschte unter den Theaterleitern darüber, dass es trotz wirtschaftlicher Probleme keine Zugeständnisse zulasten der künstlerischen Qualitat geben dürfe. In allen Häusern scheint der Wille vorhanden, bei der Programmgestaltung neue Zielgruppen noch mehr in den Fokus zu rücken und unterschiedliche Formate mit partizipatorischem Ansatz besonders für ein junges, diverses Publikum zu wagen.

Stephanie Rolser, Künstlerische Leiterin des Überzwerg – Theater am Kästnerplatz in Saarbrücken, hat es dabei vergleichsweise leichter als ihre Kolleg*innen, Themen wie Inklusion, Integration und Rassismus an ein Publikum zu bringen, da ihr Haus eng mit Schulleitern und Pädagogen kooperiert. Zu den PRIVATTHEATERTAGEN hat sie „Boy in a White Room“ mitgebracht.

Christian Kuhn, Leiter der Comödie Dresden, betonte das nach Corona veränderte Publikumsverhalten. Die Lust auf Komödie und ein wenig Eskapismus sei spürbar gewachsen, allerdings konzentrierten sich Theaterbesuche nach seiner Beobachtung auf die Wochenenden, während es wochentags schwer sei, die Platze zu füllen. Die Comödie Dresden zeigt die Inkulsionskomödie „Die Goldfische“.

Als oft und gern gesehenen Gast begrüßte Axel Schneider seinen Kollegen Meinhard Zanger vom Wolfgang Borchert Theater Münster in der Runde, der die hochgelobte Inszenierung „Die zwei Päpste“ im neuen LichtwarkTheater in Bergedorf vorstellt. Zanger brach eine Lanze für die Qualität und Vielfalt der Privattheatertage, die nicht nur von der Metropole in die Region zurückstrahlten, sondern auch in den eingeladenen Theatern als Würdigung ihrer Arbeit und echte Motivation verstanden wurden.

Als Fazit der „Elefantenrunde“ steht fest: An den deutschen Privattheatern herrschen nach Corona echte
Aufbruchstimmung und der Wille, Neues auszuprobieren. Es bleibt vielstimmig, bunt und anspruchsvoll und das gilt es, bei den Privattheatertagen vom 27. Juni bis 9. Juli 2023 einmal mehr zu entdecken.


Die 11. PRIVATTHEATERTAGE finden vom 27.06. bis 09.07.2023 in Hamburg statt. Gezeigt werden herausragende Inszenierungen von Privattheatern aus dem gesamten Bundesgebiet. In diesem Jahr haben sich 49 Privattheater mit 76 Inszenierungen in den Kategorien (Moderner) Klassiker, (Zeitgenössisches) Drama und Komödie beworben. Eine neunköpfige Jury hatte die anspruchsvolle Aufgabe, unter den zahlreichen Bewerbungen die 12 besten Produktionen auszuwählen und für die renommierten Monica Bleibtreu Preise zu nominieren. Das Festival der nicht staatlichen Theater hat sich seit seinem Start 2012 zu einem Publikumsmagnet entwickelt.

Eröffnet werden die PRIVATTHEATERTAGE am 27. Juni 2023 im Altonaer Theater, Museumstraße 17, 22765 Hamburg. Die Verleihung der Monica Bleibtreu Preise findet im Rahmen einer Gala am 9. Juli 23 in den Hamburger Kammerspielen statt.

Weitere Informationen unter privattheatertage.de und bei allen beteiligten Spielstätten.