Schauspiel Frankfurt: „räuber.schuldenreich“ von Ewald Palmetshofer

räuber .schuldenreich ~ Schauspiel Frankfurt: Linde (Heidi Ecks), Sepp (Matthias Redlhammer), Otto (Peter Schröder), Edith (Anke Sevenich), Petra (Sarah Grunert) (© Robert Schittko)
kulturfreak Bewertung: 4 von 5

Die Räuber sind im Theater natürlich durch Schillers gleichnamiges Schauspiel vorbelastet. Der österreichische Dramatiker Ewald Palmetshofer hat in seinem, 2012 am Wiener Burgtheater uraufgeführten Stück räuber.schuldengenital die Räuber zwar im Titel übernommen, auch die Vornamen von des Grafen Söhne (Karl und Franz), doch ansonsten haben die beiden Stück wenig gemein. Das Schauspiel Frankfurt führt Palmetshofers Stück unter dem Titel räuber.schuldenreich auf, als dezenter Bezug zur Stadt der Banken (die ihre finanzielle Stärke nicht zuletzt durch Kredite erwirtschaftet haben.
Da es sich um eine Parabel über einen anderen Blick auf den Generationskonflikt handelt, ist allerdings räuber.schuldengenital gar nicht so schlecht, schließlich spricht die alte Frau Mutter im Stück von der Schuld, überhaupt geboren zu haben. ).
Laut Programmheft hat Regisseur David Bönsch das Stück „stark überarbeitet, umgekrempelt, gekürzt und verschärft“. Mit ihm und beliebten Darstellern wie Isaak Dentler, Heidi Ecks, Sarah Grunert, Matthias Redlhammer, Fridolin Sandmeyer, Peter Schröder (und als Gast Anke Sevenich) sind die Erwartungen im Vorfeld hoch. Sie werden nicht enttäuscht!

Die Jugend ist eine Katastrophe, seien es die nur Erwartungen und kein eigenes Einkommen habenden Geschwister Karl und Franz oder die gelangweilt vor sich hin chillende Nachbarstochter Petra, die nur unter Druck die Minimalwünsche ihrer behinderten Mutter erfüllt. Die Alten sind zwar nicht mehr jung, aber deutlich besser in Schuss, in finanzieller und sexueller Hinsicht. Aus dieser Grundposition heraus schrieb Palmetshofer einen sprachintensiven und virtuosen Text, der sehr gut ins Ohr geht. Von einem etwas theoretisch wirkenden Anfang steigert sich die pausenlose 90-minütige Aufführung zunehmend, bis hin zum starken Finale. Dabei herrscht in den Kammerspielen eine nahezu apokalyptische Grundstimmung.
Die Bühne von Falko Herold ist weitestgehend leer und schwarz, der Boden voll mit schwarzen Flausen, die wie die Reste einer gewaltigen Explosion oder einfach wie Kohlestücke wirken (im Hintergrund liegen zudem schwarze Müllsäcke: traurige Reste der Menschheit?!). Die Kostüme von Moana Stemberger reflektieren die trostlose Situation, wobei sinnigerweise die verarmte Jugend besser gekleidet ist, als die ihren Ruhestand genießenden Alten.

Die sieben Darsteller bieten ein furioses, oftmals gar heiteres Spiel um die Fragen, „wie gehst du durchs Leben? Satt und selbstgefällig oder hungernd nach Wohlstand und Sorglosigkeit“? Insofern lädt Palmetshofer auch dazu ein, nicht nur über den ins Wanken geratenden Generationsvertrag , sondern auch über die eigene Position, nachzudenken.
Als leicht schräge und vitale Alte begeistern Peter Schröder (Otto, der alte zögerliche aber dann ordentlich explodierende Vater), Heidi Ecks (Linde, die alte aber nicht libidotote Mutter), Anke Sevenich (Edith, die aufgeweckte und frisch verliebte Nachbarin im Rollstuhl) und Matthias Redlhammer (Sepp, der ob der Forderungen der Jugend die Beherrschung verlierende Geldbote und galanter Liebhaber der Nachbarin), ob ihrer Verwegenheit die unnachgiebigen Jungen: Isaak Dentler (als Franz), Fridolin Sandmeyer (als Karl) und besonders stark Sarah Grunert (als Petra, die glücklich ist, von den beiden Jungs aus ihrem Dornröschenschlaf geweckt worden zu sein).

räuber.schuldenreich ist das erste Stück von Ewald Palmetshofer, das in Frankfurt gespielt wird. Es macht Lust, mehr von ihm zu sehen. Starker Schlussapplaus.

Markus Gründig, September 18


räuber.schuldenreich
Von Ewald Palmetshofer

Premiere am Schauspiel Frankfurt (Kammerspiele): 8. September 18
Besuchte Vorstellung: 9. September

Regie: David Bösch
Bühne: Falko Herold
Kostüme: Moana Stemberger
Dramaturgie: Konstantin Küspert

Besetzung:

Otto, der alte Vater: Peter Schröder
Linde, die alte Mutter: Heidi Ecks
Edith, die Nachbarin im Rollstuhl: Anke Sevenich
Sepp, die Liebe der Nachbarin: Matthias Redlhammer
Franz: Isaak Dentler
Karl: Fridolin Sandmeyer
Petra, die Tochter der Nachbarin: Sarah Grunert

www.schauspielfrankfurt.de