
Über ein Jahr haben Marie Schwesinger, Julia Just, Fabiola Eidloth und ihr Team Gerichtsprozesse gegen rechte Straftä ter besucht, protokolliert und mit Expert*innen, Journalist*innen, Jurist*innen und Betroffenen gesprochen.
Ausgehend von dieser Recherche stellt “Werwolfkommandos” eine künstlerische Auseinandersetzung mit der Sprache im Gerichtssaal dar. Es wird der Fokus auf zwei in Frankfurt am Main verhandelte Gerichtprozesse gelegt: Der Prozess um den Mord an Walter Lübcke und den Angriff auf Ahmed I. sowie der Prozess gegen den Bundeswehrsoldaten Franco A.
Theater und Gericht – in keinem Raum spielt die Sprache eine so elementare Rolle. In keinem anderen Raum wird so sehr mittels Sprache um die Definition der Gegenwart gerungen, wird Sprache selbst zum bestimmenden Element von Wirklichkeit. Welche sprachlichen Verbindungslinien lassen sich zwischen diesen Prozessen und der Selbstinszenierung aller Prozessbeteiligten ziehen? In welchen Prozessen erhalten Betroffene eine Stimme? Es geht um die Frage, wann gesprochen und wann geschwiegen wird, es geht um die Beanspruchung von Begrifflichkeiten und um die Deutungshoheit über die Diskurse. In der Inszenierung werden chorische Textflächen von Ausschnitten aus Interviews mit Expert*innen, Jurist*innen und Betroffenen abgelöst und treffen auf atmosphärische Soundcollagen, die die Stimmung vor dem Gerichtssaal akustisch auffangen. Der Sound geht über in dialogische Szenen, in denen Momente aus dem Gerichtssaal rekonstruiert werden. Aus mehreren Blickwinkeln wühlt sich ein chorisches Ich durch das Material und seine Erinnerungen – auf der Suche nach Antworten auf die Frage: Mit welcher Sprache begegnet man rechtem Terror im Gerichtssaal und auf der Bühne?
WERWOLFKOMMANDOS
Performance
Uraufführung: 10. September 2022, Kunstfest Weimar
Frankfurt Premiere in den Landungsbrücken: Donnerstag, 20. Oktober 22.
Konzept, Text und Regie: Marie Schwesinger
Konzept und Dramaturgie: Fabiola Eidloth & Julia Just
Bühnen- und Kostümbild: Marion Schindler
Performance: Nicolai Gonther, Florian Mania, Anabel Möbius & Rosanna Ruo
Komposition und Sounddesign: Milan Loewy & Tim Roth
Produktionsleitung: Lisa Bühler & Dörthe Krohn
Licht und Technik: Nina Koempel
Fotografie: Christian Schuller
Gefördert durch: Fonds Darstellende Künste aus Mitteln der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien im Rahmen von NEU START KULTUR, Ottilie Roederstein Stipendien des Hessischen Ministeriums für Wissenschaft und Kunst, Kulturamt der Stadt Frankfurt am Main, Kunstfest Weimar 2022, Stiftung CITOYEN, Stiftung Polytechnische Gesellschaft, Rudolf Augstein Stiftung, maecenia Frankfurter Stiftung
Weitere Termine:
Sa, 22.10.2022, 19 Uhr. Im Anschluss an die Vorstellung findet ein Diskussionspanel statt, Moderation: Antigone Akgün
So, 23.10.2022, 20 Uhr
Do, 03.11.2022, 20 Uhr
Fr., 04.11.2022, 20 Uhr
Dauer: 100 Minuten ohne Pause
Ort: Landungsbrücken Frankfurt, Gutleutstraße 294, 60327 Frankfurt am Main
Tickets: landungsbruecken.org
Zur Produktion ist ein Begleitheft erschienen mit folgenden Beiträgen:
- Die Gefahr von Re-Traumatisierung und sekundärer Viktimisierung durch staatliche Behörden von Sarah Teufel / response
- Auf Augenhöhe mit dem Staat. Im Gespräch mit Kristin Pietrzyk.
- Mit eigener Stimme. Über Erwartungshaltungen an Überlebende und Betroffene von Christina Feist
- Das Nicht-Gesagte dokumentieren. Im Gespräch mit Linus Pook und Grischa Stanjek
- Bildung als Antwort auf Rassismus von der Bildungsinitiative Ferhat Unvar
- Werkzeug der Mandant*innen. Im Gespräch mit Kati Lang
- Gut gemeint ist nicht immer gut gemacht. Über kulturelle Repräsentationen Rechter Gewalt von Mirrianne Mahn
- Als Journalistin muss ich schreiben. Im Gespräch mit Annette Ramelsberger
- Übersetzungsprozesse: Prozessbeobachtung, ästhetische Strategien und Hyper-Parallelität, Luise Besier im Interview mit Julia Just, Marie Schwesinger und Fabiola Eidloth
- Antifeminismus und männliche Dominanz im Gerichtssaal. In Gesprächen mit Kati Lang, Kristin Pietrzyk und Annette Ramelsberger
- Verharmlosende Diskursverschiebung. Über die Selbstinszenierung eines wegen Rechtsterrorismus verurteilten Bundeswehrsoldaten von Friederike Hansen
- Übersicht zu den bestehenden Fällen Rechten Terrors.
Herausgeberinnen: Fabiola Eidloth, Julia Just, Marie Schwesinger
Redaktion und Lektorat: Luise Besier, Fabiola Eidloth und Julia Just
Satz und Layout: Sofie Böhm