Neuigkeiten von den Bregenzer Festspielen (28. Juli)

Madame Butterfly ~ Bregenzer Festspiele ~ Ensemble ~ © Bregenzer Festspiele / Anja Köhler


Erfundener Stoff in realistischem Szenario ~ Der historische Hintergrund von Madame Butterfly

Das Schicksal von Madame Butterfly basiert auf keiner tatsächlichen Begebenheit – es hätte aber durchaus so sein können. Die USA traten in Japan als Kolonialmacht auf.

Mitte des 19. Jahrhunderts hatten in Japan über 200 Jahre lang die Shogune geherrscht, das Land lebte bewusst abgekapselt vom Rest der Welt. Doch westliche Mächte waren weiterhin auf der Suche nach neuen Handelsmärkten. Auf Dauer hatte Japan keine Chance mehr, sich zu wehren – zu veraltet waren inzwischen die heimischen Waffen. So musste es sich auf Handelsverträge einlassen. Einer der wichtigsten wurde 1854 abgeschlossen. San Francisco schickte einen Konsul (wie Sharpless in der Oper) in die Hafenstadt Nagasaki, den Schauplatz von Madame Butterfly. Er sollte Konflikte zwischen Japaner:innen und US-Amerikaner:innen schlichten. Anlässe gab es genug: Chauvinismus war auf beiden Seiten zu spüren.

In den Folgejahren entstand in den Vereinigten Staaten und Europa ein riesiges Interesse an japanischen Produkten. Das zeigte beispielsweise die Wiener Weltausstellung 1873, als ganze Häuser in Japan ab- und in Wien wieder aufgebaut wurden. Das (etwas verkitscht dargestellte) Japan verkaufte sich gut. Das nutzten findige Unternehmer aus – so wie Goro, der Heiratsvermittler in der Oper. Er bietet dem arroganten US-Marineleutnant Pinkerton ein sexuelles Abenteuer mit Madame Butterfly, Haus samt Personal gibt es obendrauf.

Intensive Recherche

Giacomo Puccini hatte Japan nie besucht, als er Madame Butterfly in den Jahren 1901 bis 1904 schrieb. „Doch um das Kolorit einzufangen, beschäftigte er sich ausführlich mit japanischer Musik und traf sogar die Frau des japanischen Botschafters in Rom“, erzählt Florian Amort, Dramaturg der Bregenzer Festspiele. Puccini stellte sich – erfolgreich – einer großen Herausforderung: „Musikalisch treffen zwei Welten aufeinander. In Japan gibt es ein ganz anderes Tonsystem. Die Vielschichtigkeit dieser Musik kann man in unserer europäisch-westlichen Notationsweise gar nicht 1:1 darstellen.“ Das Aufeinandertreffen von Ost und West wird sehr deutlich: Der Komponist arbeitete einzelne Takte der japanischen und der heutigen amerikanischen Nationalhymne in sein Werk ein: Das „Star-Spangled Banner“, das wir kennen, war damals noch die Hymne der US-Marine.

Den thematischen Anstoß hatte Puccini eine Reise nach London gegeben. Dort sah er David Belascos Schauspiel Madame Butterfly. Die Uraufführung der Oper an der Mailänder Scala wurde zum Skandal – warum eigentlich? „Das ist bis heute nicht ganz klar“, sagt Amort, „ein möglicher Grund könnte der Russisch-Japanische Krieg zu dieser Zeit gewesen sein. In der damaligen Presse war immer wieder von antijapanischer Stimmung zu lesen.“ In Puccinis Werk ist von so einer Atmosphäre nichts zu spüren. Im Gegenteil: Seine Sympathie ist klar auf der Seite von Madame Butterfly.

Detaillierte Informationen zum Hintergrund von Madame Butterfly, inklusive eines Interviews mit einer Japanologin, bietet die aktuelle Folge des Podcasts „Hör-Spiele“ (bregenzerfestspiele.com). Madame Butterfly ist bis zum 20. August auf der Seebühne zu erleben.


„Stell Dich nicht so an, das Leben geht weiter!“
Musicbanda Franui, Nikolaus Habjan und Florian Boesch gestalten Musiktheaterabend

Die Musicbanda Franui ist bereits ein Stammensemble der Bregenzer Festspiele. Kommenden Donnerstag bringt sie ihre aktuelle Produktion auf die Bühne des Festspielhauses: In ihrer szenischen Fassung von Die schöne Müllerin erzählen sie die 200 Jahre alte tragische Geschichte neu. Andreas Schett von Musicbanda Franui schildert, wie es dazu kam.

Franui 2023
© Bregenzer Festspiele / Raffaele Proell

Ein Sänger und Klavierbegleitung, so kennt jeder von uns zumindest Teile von Schuberts Die schöne Müllerin. War dieses gewohnte Bild mehr Bürde oder war es erst recht Ansporn, das klassische Setting zu durchbrechen?

Wir spielen jetzt genau 30 Jahre zusammen – in unveränderter Besetzung – und mindestens die Hälfte der Zeit haben wir damit verbracht, das sogenannte romantische Lied weiterzuschreiben, also das herkömmliche Setting zu vergessen und mit unserem merkwürdigen Instrumentarium diese Musik neu zu erfinden. An manchen Stellen zelebrieren wir das vorliegende Material oder reduzieren es, an manchen Stellen reichern wir es an, kehren das Unterste zuoberst und umgekehrt. Wir machen das, weil wir diese Musik gern haben – im doppelten Wortsinn: Wir lieben das Schubertlied, von dem wir ausgehen, aber wir trauen uns auch, ab einem bestimmten Punkt zu sagen: Dieses Lied – oder der ganze Schubert – soll uns gern haben! In dieser Herangehensweise, im Schaffen dieser musikalischen Freiräume wurden wir mit der Zeit immer gewandter, und darum haben wir uns jetzt erstmals an einen ganzen Zyklus herangewagt.

Es ist eine bereits ansehnlich lange Liste der Zusammenarbeit mit Florian Boesch und Nikolaus Habjan. Wir nehmen an, ihr versteht euch blind, doch wie geht ihr konkret an eine solche Umsetzung heran und wer hatte eigentlich die Idee mit der Schönen Müllerin?

Wir haben sowohl mit Nikolaus als auch mit Florian schon mehrere Projekte verwirklicht. Bei der Müllerin haben wir die beiden nun erstmals zusammengebracht. Florian hat eine ganz singuläre Sicht auf diese Geschichte vom Müllersburschen entwickelt, über die wir öfter geredet haben. Mit Nikolaus haben wir bei Proben schon vor vielen Jahren in Zürich den Entschluss gefasst: Irgendwann machen wir zusammen Die schöne Müllerin! Als Matthias Schulz, der Intendant der Staatsoper Unter den Linden in Berlin uns einlud, etwas Neues zu machen, war es daher naheliegend, dieses Projekt vorzuschlagen. Dass Nikolaus und Florian sich so gut verstehen, war nicht vorherzusehen, hat das Ganze aber zu einem sehr beglückenden Unterfangen werden lassen.

Der Liederzyklus gilt als geradezu archetypischer Vertreter der Romantik. Bleibt es bei dieser lyrischen Verklärung oder streicht die Musicbanda Franui mehr das Dramatische der Geschichte, die Verzweiflung des unglücklich verliebten Müllersburschen hervor? Eure Instrumente lassen eher auf Zweiteres schließen. Oder täuschen wir uns?

Die oben angesprochene Neudeutung von Florian lautet: Der Müllersbursche geht nicht ins Wasser, er bringt sich nicht um. In einer ungeheuerlichen Liebespsychose erlebt er einen Schub nach dem anderen. Da hat Wilhelm Müller mitunter die Beschreibungen Sigmund Freuds um Jahrzehnte vorweggenommen. Am Ende geht der Müllersbursche geläutert aus seinem Leiden hervor. Tatsächlich kann man den ganzen Zyklus auch mit dieser Grundausrichtung schlüssig lesen.

Wo steckt des Pudels Kern aus eurer Sicht?

Der entscheidende Satz fällt in Lied Nr. 18, „Der Müller und der Bach“, es ist das einzige Mal im ganzen Zyklus, dass der Bach tatsächlich mit dem Müllersburschen spricht. Was sagt er? Er sagt: „Und wenn sich die Liebe / Dem Schmerz entringt, / ein Sternlein, ein neues / Am Himmel erblinkt.“ Ein paar Zeilen weiter heißt es: „Und die Engelein schneiden / Die Flügel sich ab / Und gehn alle Morgen / zur Erde herab.“ Mit anderen Worten heißt das: Stell Dich nicht so an, das Leben geht weiter! Die Schlussworte im letzten Lied lauten bekanntlich: „Und der Himmel da droben / wie ist er so weit.“ Man kann darunter auch verstehen, dass alles offen ist. Diese gedankliche Vorlage hat enorm viele musikalische Implikationen. Da können wir mit Holz- und Blechbläsern, Volksmusik-Saiteninstrumenten, Akkordeon und Streichern den Schubert weit in unsere Gegenwart holen. Manchmal klingt es mehr nach Popsong, Volksweise, Wozzeck oder Dreigroschenoper als nach Liederabend. Oder eben nach Franui.

Bei den bisherigen Aufführungen – die Uraufführung war an der Staatsoper Unter den Linden Berlin, danach waren wir beim Internationalen Musikfest Hamburg in der Elbphilharmonie und an der Oper Graz, hat der Abend enthusiastische Reaktionen ausgelöst.


Limitierte Bier-Spezialität für Bregenzer Festspiele ~ Mohrenbrauerei präsentiert exklusive Kellerbier-Kreation

Das diesjährige Festspielbier der Mohrenbrauerei ist ein unfiltriertes, naturtrübes Bier aus dem Lagerkeller. Vorarlbergs Bier-Marktführer stellte die exklusive Bier-Spezialität bei der Generalprobe von Giacomo Puccinis Oper „Madame Butterfly“ vor. Das limitierte Kellerbier wird in 24.000 Flaschen abgefüllt und ist in der umliegenden Gastronomie der Bregenzer Festspiele erhältlich.

Festspielbier 2023
Bregenz am 17. Juli 23: Thomas Pachole, Michael Diem, Elisabeth Sobotka, Hans-Peter Metzler

© Bregenzer Festspiele/ Dietmar Mathis

Dunkler Bernstein und cremig-sahniger Schaum: Die Dornbirner Mohrenbrauerei kreierte ein Kellerbier für die Festspiel-Oper „Madame Butterfly“. Die handgebraute Spezialität besticht laut den Biersommeliers mit „fruchtigen Noten und einem Hauch Pfirsich, einer feinen Bittere und einem spritzigen Abgang.“ Das limitierte Festspielbier wurde am 17. Juli von Mohrenbrauerei-Geschäftsführer Thomas Pachole, Intendantin Elisabeth Sobotka, Präsident Hans-Peter Metzler und dem kaufmännischen Direktor Michael Diem bei der Generalprobe der zweiten Auflage von „Madame Butterfly“ präsentiert.

„Mit unserem dritten Festspielbier stoßen wir auf eine mehr als 20 Jahre lange, erfolgreiche Zusammenarbeit mit den Bregenzer Festspielen an und bieten dem Publikum ein einzigartiges Genusserlebnis“, freut sich Pachole. 24.000 Flaschen sind während des Festspiel-Saison in der umliegenden Bregenzer Gastronomie sowie im Lädele der Mohrenbrauerei erhältlich.

Festspielbier 2023
© Bregenzer Festspiele/ Dietmar Mathis

Ungetrübter Genuss bei „Madame Butterfly“

Nach dem Tropical Pilsner im Vorjahr dürfen sich die Festspiel-Gäste heuer über ein unfiltriertes Kellerbier freuen. „Die Karamellnoten, kombiniert mit einer feinen Bittere, sind eine wahre Symphonie. Den letzten Akt beschließt das Bier mit einem ausdauernd fruchtigen Nachhall“, beschreibt Braumeister Tim Gröger die durchaus musikalische Qualität der kalt gehopften Kreation. Den ausgesuchten Tango-Hopfen bezieht das Familienunternehmen vom Hopfenbaubetrieb Bentele aus Tettnang. „Wir bauen auf regionale Qualität, innovative Braukunst, langjährige Partnerschaften und ein familiäres Miteinander. Das macht uns zum Vorarlberger Bier Nummer Eins“, betont Pachole.


Festival-Potpourri

Gut gealtert. Enrique Mazzola zeigt seine Madame Butterfly-Partitur via Twitter. Die Notenschrift verwendete bereits sein Vater. twitter.com

Behind the scenes. Saimir Pirgu bleibt auch für Instagram-Posts in seiner Rolle als Ernani. instagram.com

Ready for another run. Barno Ismatullaeva als Madame Butterfly kurz vor ihrem Auftritt. instagram.com

Hals- und Beinbruch! Annalisa Stroppa (Suzuki) beobachtet die große Oper mal aus der Zuschauer-Perspektive. instagram.com


Ausblick: Das tut sich in den nächsten Tagen

Die Puccini-Oper Madame Butterfly bleibt weiterhin ein regelmäßiger Programmpunkt der Bregenzer Festspiele – im Juli ab 21.15 Uhr und im August bereits ab 21.00 Uhr. Auf der Webseite der Bregenzer Festspiele gibt es Tickets und alle Vorstellungstermine: bregenzerfestspiele.com.

Die zweite und somit letzte Aufführung von The Faggots and Their Friends Between Revolutions geht heute um 20.00 Uhr über die (Werkstatt-)Bühne. Die Vorstellung ist ausverkauft.

Am 29. Juli 2023 um 19.30 Uhr feiert die erste Veranstaltung der Reihe Wiener Symphoniker – ganz persönlich Einzug im Seestudio. Ohne Frack und ohne Taktstock präsentiert das „Ensemble Frullato“ ihre Lieblingskompositionen. Hautnah und ganz persönlich. Die Karten sind fast ausverkauft. Vereinzelt sind Restkarten verfügbar. Weitere Informationen finden sich unter bregenzerfestspiele.com.

Die Wiener Symphoniker spielen unter Dirigent Dirk Kaftan am 30. Juli 2023 um 11.00 Uhr ihre Orchestermatinee. Auf dem vielfältigen Programm stehen spannende Stücke von Charles Ives, Richard Strauss und Florence Price. Begleitet werden die Wiener Symphoniker von der Solistin Rachel Willis-Sørensen. Tickets und weitere Informationen unter: bregenzerfestspiele.com.

Am 30. Juli 2023 um 19.30 Uhr wird ein Abend Musik & Poesie gewidmet. Angelehnt an die Opern auf dem See und im Haus, führt der Vorarlberger Schriftsteller Michael Köhlmeier durch die Welten von „Ehre -das gekränkte Ich“ mit Werken von Franz Liszt. Die Veranstaltung ist ausverkauft.

Ein letztes Mal ertönen Verdis ergreifende Arien und mitreißende Chöre im Großen Saal des Festspielhauses. Der Vorhang erhebt sich ein letztes Mal für Ernani am 31. Juli 2023 um 19.30 Uhr. Die Vorstellung ist bereits ausverkauft. Für alle, die kein Ticket ergattern konnten: Die Oper wird am 6. August um 21.30 Uhr auf ORF III gezeigt.

Die bekannte Musicbanda Franui, Bassbariton Florian Boesch und Puppenspieler Nikolaus Habjan erzählen am 3. August Franz Schuberts Die schöne Müllerin neu. Für den Musiktheaterabend gibt es noch Karten. Weitere Informationen und Tickets finden sich unter bregenzerfestspiele.com.


Die Bregenzer Festspiele 2023 finden von 19. Juli bis 20. August statt.

Tickets und Infos unter bregenzerfestspiele.com und Telefon 0043 5574 4076.