- Positive Zwischenbilanz
- Stuntfrau Viva Foster
- Zwei Einakter von Rossini und Puccini im Opernstudio am Kornmarkt
Bisher 128.700 Besucher:innen bei den Bregenzer Festspielen
Uraufführung und Premieren in der zweiten Festivalhälfte
Zur Halbzeit der diesjährigen Saison ziehen die Bregenzer Festspiele eine positive Zwischenbilanz. Mit dem gestrigen Spieltag haben insgesamt rund 128.700 Gäste die Veranstaltungen der ersten Festspielhälfte besucht.
Der Freischütz hat in der Inszenierung von Regisseur und Bühnenbildner Philipp Stölzl als Spiel auf dem See wahrlich ins Schwarze getroffen: Nicht nur das Seebühnen-Publikum ist begeistert, auch das Medienecho im In- und Ausland konnte sich sehen lassen. Carl Maria von Webers Oper feierte am 17. Juli Premiere. Inklusive der gestrigen 14. Seebühnen-Vorstellung hat das Spiel auf dem See bisher rund 105.000 Menschen (inklusive Generalprobe und Young People’s Night) in seinen Bann gezogen. Das entspricht einer vorläufigen Auslastung von 100 Prozent. Bis zum 18. August stehen noch 14 weitere Vorstellungen von Der Freischütz auf dem Spielplan.
Insgesamt haben rund 128.700 Besucher:innen die bisherigen Veranstaltungen der Bregenzer Festspiele 2024 besucht (exkl. Führungen und Einführungsvorträge).
Begehrte Oper im Festspielhaus, gefragte Theater-Gastspiele
Auch abseits der Seebühne herrscht halbzeitliche Zufriedenheit mit den bereits abgespielten Höhepunkten der Saison: Die diesjährige Oper im Festspielhaus, Jan Philipp Glogers Inszenierung von Gioacchino Rossinis Tancredi, begeisterte in drei Aufführungen 4.543 Besucher:innen, das entspricht einer Auslastung von 99 Prozent.
Großen Anklang fanden auch die beiden Theatergastspiele des Burgtheaters und des Deutschen Theaters Berlin. Bereits zu Ostern sahen 1.425 Besucher:innen Molières Der Menschenfeind in der Inszenierung von Martin Kušej. Im Juni folgte das Gastspiel des Deutschen Theaters Berlin, Heinrich von Kleists Lustspiel Der zerbrochne Krug, mit 957 Besucher:innen.
Die Hybridoperette Hotel Savoy mit der Musicbanda Franui, ein Gastspiel des Schauspiels und der Staatsoper Stuttgart, das Ende Juli im Theater am Kornmarkt zu sehen war, erreichte 1.444 Besucher:innen.
Das Musiktheater Unmögliche Verbindung – vom deutschen Regisseur und Autor Thomas Fiedler und dem tschechischen Komponisten und Dirigenten Ondřej Adámek eigens für das Ensemble Modern konzipiert und komponiert – beeindruckte Ende Juli 484 Zuschauer:innen auf der Werkstattbühne.
Opernstudio-Premiere und Opernatelier-Uraufführung im August
Auch die zweite Hälfte der Festspielsaison am Bodensee verheißt unterhaltsame und bewegende Musiktheaterabende: Im Theater am Kornmarkt feiert am 12. August der Doppelabend Der Ehevertrag | Gianni Schicchi Premiere, die letzte Opernstudio-Produktion unter der Intendanz von Elisabeth Sobotka. Regie führt die Grande Dame des deutschsprachigen Musiktheaters Brigitte Fassbaender.
Die Uraufführung der zweiten zeitgenössischen Musiktheaterproduktion dieses Sommers folgt am 15. August auf der Werkstattbühne: Dort ist nach dreijähriger Vorbereitungszeit im Rahmen des Bregenzer Opernateliers erstmals die Oper Hold Your Breath zu sehen – eine Zusammenarbeit des ehemaligen Intendanten David Pountney mit der irischen Komponistin Éna Brennan und dem portugiesischen Künstler Hugo Canoilas.
Zu ihrem dritten und letzten Orchesterkonzert laden die Wiener Symphoniker am Montag, 5. August ins Festspielhaus. Petr Popelka, designierter Chefdirigent des Orchesters, gibt an diesem Abend sein Bregenz-Debüt. Am Sonntag, 18. August steht mit der Matinee des Symphonieorchesters Vorarlberg das letzte Konzert der diesjährigen Saison auf dem Programm, die dann am Abend mit der 28. Aufführung des Spiels auf dem See enden wird. Im kommenden Sommer wird Der Freischütz an 25 Abenden auf der Seebühne zu sehen sein. Der Vorverkauf für die nächste Festspielsaison beginnt am 1. Oktober 2024.
Stuntfrau Viva Foster ist bereits zum vierten Mal in Bregenz. Im „Freischütz“ spielt sie viele Rollen – und wechselt entsprechend oft das Kostüm.
„Das ist wie ein Boxenstopp beim Autorennen“
Viva Foster hat viele Leidenschaften. Eine davon ist das Tauchen. Das kommt der Darstellerin vieler Rollen in der aktuellen Seeproduktion Der Freischütz zugute. Sie hat schon früh getestet, was dem Sängerensemble an „Kunststücken“ zuzumuten ist und was nicht.
Wenn sich Agathe in ihrem bedrohlich schiefen Bett eine gefühlte Ewigkeit hin und her, vor und zurück wirft, kommen einem der Film Der Exorzist und andere schaurige Szenen in den Sinn: es ist einer jener Momente im Bregenzer Freischütz, der vielen in Erinnerung bleiben wird. Allerdings ist hier nicht die Sängerin der Agathe am Werk, sondern Abend für Abend ihr Double Viva Foster.
Die Neuseeländerin ist eine Frohnatur. Ob das Gerücht stimme, dass sie während einer Freischütz-Aufführung mehr Zeit mit Kostümwechsel und Maske verbringe als auf der Bühne? Ja, sagt sie lachend. Sechs Mal ist sie in der Oper zu sehen – immer wieder als jemand anderes. „Ich bin gleich am Anfang dran, aber da ist es schwer, mich zu entdecken“, erzählt sie mit einem frechen Grinsen: „Ich liege im Sarg und werde oben auf dem Hügel begraben. Dann bin ich beim Wasserballett und mit leuchtenden Sternen im Haar. Dann kommt die schaurige Szene im Bett, dann die Brautjungfern die im Kreis tanzen und schließlich das große Finale, wo wir alle noch einmal auf der Bühne stehen“.
Die vielen Kostümwechsel klingen stressig? Viva Foster wiegelt ab. „Ein bisschen anstrengend“ sei es zu Beginn der Proben schon gewesen, „bis alle ihr Timing gelernt hatten. Aber mit der Zeit wissen du und dein Team hinter der Bühne genau, was wann zu tun ist. Mittlerweile ist das wie ein Boxenstopp bei einem Autorennen.“
Viva Foster wuchs in Dunedin, Neuseeland, auf und war Junior Associate an der New Zealand School of Dance, bevor sie ihre Ausbildung an der National Theatre Ballet School in Melbourne, Australien, abschloss. Während ihrer Zeit dort war sie Mitglied der ersten Jugendtanzgruppe des Landes. Vor zwölf Jahren kam sie nach Großbritannien. Seitdem arbeitet sie dort, aber auch in der Schweiz, in Österreich oder Thailand – „überall, ich bin Freelancer“.
Der Freischütz ist ihre vierte Produktion in Bregenz. Diese bekannteste deutsche Oper der Romantik kannte sie vorher nicht. Was sie darin alles macht, ist gar nicht so einfach zu fassen. Tanz, Performance, Stunt? „Ein bisschen von allem“, sagt Viva Foster und lächelt. Da war doch noch mehr, oder? Ja, bestätigt sie, schon im April war sie für eine knappe Woche in Bregenz. In Sondermission sozusagen. Monate vor dem offiziellen Probenbeginn ging es um das generelle Ausprobieren einzelner Ideen und darum, ob gewisse akrobatische Einlagen auch den Sänger:innen zuzumuten sind. So sprang Viva Foster bereits im Frühjahr von der Schlange in die Tiefe oder agierte als Wasserleiche. Schon im Vorfeld von Rigoletto hatte sie vor fünf Jahren als eine Art „Versuchskaninchen“ sie solche Test-Stunts übernommen.
Beim Freischütz konzentrierte sich ein Großteil dieser Vorproben auf die Choreografie der Stuntleute in den verschiedenen Wasserszenen, schildert Viva Foster, damit „ich weiß, was zu tun ist, wenn ich während der Probenzeit Sänger:innen und Schauspieler:innen instruieren muss“. Die Vorarbeiten im Team hätten ihr viel Spaß gemacht, sagt sie. Dass die sportliche Allrounderin auch ausgebildete Tauchlehrerin ist, war dabei kein Nachteil.
Das Wasser. Immer wieder das Wasser. Es macht dieses Spiel auf dem See auch für Viva Foster „so ganz anders“ als zuvor Carmen, Rigoletto und Madame Butterfly, wo sie an Seilen befestigt durch die Luft wirbelte und andere Kunststücke vollführte. „Es ist sehr anstrengend, in nassen, schweren Kostümen durchs Wasser zu schreiten oder Ballett zu tanzen.“
Dennoch: Sie liebe das Wasserballett, schwärmt Viva Foster, doch die Szene hoch oben im freischwebenden Bett übertreffe alles: „Das ist schon etwas ganz Besonderes für mich, auch weil es eine Art Solo ist.“ Ist das nicht furchtbar anstrengend? „Ja“, sagt sie zunächst, überlegt dann kurz und relativiert: „Es ist ja nur eine kurze Szene … 30 oder 40 Sekunden? Danach liege ich noch ein paar Minuten im Bett und kann mich ausruhen, während Max seine Albträume wahr werden sieht…“.
Zwei Einakter von Rossini und Puccini im Opernstudio am Kornmarkt
„Das Werk hat alles, was man für eine Oper braucht“
Eine seiner beiden Bregenzer Rollen hat Dionysios Avgerinos schon vor Publikum gesungen. Als Guccio in Puccinis Gianni Schicchi stand der russisch-griechische Bariton bereits in der Liverpool Philharmonic Hall auf der Bühne. „Das ist lustig, weil es die kleinste Rolle ist“, erzählt der 22-Jährige lachend. Im Einakter Der Ehevertrag, der erstaufgeführten Oper von Gioachino Rossini, singt das Mitglied des Internationalen Opernstudios der Staatsoper Unter den Linden in Berlin dagegen eine der Hauptrollen. Der Clou: Bei den Bregenzer Festspielen sind beide Opern zu sehen – als Doppelabend im Rahmen des Opernstudios am Kornmarkt.
„Musik und Libretto sind hervorragend“
14 junge Nachwuchskünstler:innen nehmen 2024 am Opernstudio der Bregenzer Festspiele teil. Bereits im März trafen sie sich zu einem Meisterkurs mit Kammersängerin Brigitte Fassbaender in Bregenz. Seit vier Wochen laufen nun für die Sänger:innen die Proben für die diesjährige Opernproduktion.
Eine von ihnen ist die Israelin Rommie Rochell, Absolventin der Dutch National Opera Academy in Amsterdam. An Gianni Schicchi, der Geschichte um den gleichnamigen Erbschleicher, gefallen der 24-Jährigen vor allem zwei Dinge: „Es gibt viel Kritik, zum Beispiel an der menschlichen Gier. Aber vor allem die Musik und das Libretto sind wirklich toll. Das Stück hat alles, was eine Oper braucht.“ Im Einakter Der Ehevertrag scheut sich der Geschäftsmann Tobia Mill, in Bregenz verkörpert von Dionysios Avgerinos, nicht vor fragwürdigen Geschäften und möchte seine eigene Tochter an einen Geschäftspartner veräußern, der ihm ein gutes Angebot macht. Für den jungen Bariton zeichnet sich Rossinis Kurzoper durch die gelungene Balance zwischen einer ernsten Geschichte und hinreißend komischen Szenen aus.
Sie würden die Zusammenarbeit mit Brigitte Fassbaender sehr genießen, sind sich die beiden einig. Die Berlinerin hat sich nach einer international sehr erfolgreichen Karriere als Mezzosopranistin in den vergangenen 30 Jahren vor allem der Regie und der Förderung von Nachwuchstalenten zugewandt. Auch mit 85 sprüht sie vor Tatendrang: „Sie weiß genau, was sie will, und hat richtig Tempo, ohne uns dabei zu hetzen. Sie hat sehr viel Energie und Freude bei der Arbeit“, sagt Avgerinos. „Frau Fassbaender hat das Durchhaltevermögen eines Stars“, ergänzt Rochell. Dennoch vermittle sie den Teilnehmer:innen des Opernstudios niemals das Gefühl, Anfänger:innen zu sein, sondern nehme sie ernst.
Das Opernstudio am Kornmarkt mit den beiden Einaktern Der Ehevertrag und Gianni Schicchi feiert am 12. August Premiere. Karten gibt es noch für die Vorstellungen am 14., 16. und 17. August, jeweils um 19.30 Uhr. Opernstudio-Regisseurin und Kammersängerin Brigitte Fassbaender ist auch beim dritten Festspielfrühstück am 11. August zu Gast. Im Gespräch mit Jasmin Ölz vom ORF Vorarlberg zeigt sich die Grande Dame der Opernwelt von ihrer privaten Seite. Beginn ist um 9.30 Uhr im Seefoyer des Festspielhauses.
Die Bregenzer Festspiele 2024 finden von 17. Juli bis 18. August statt.
Tickets und Infos unter bregenzerfestspiele.com und Telefon 0043 5574 4076.