
Kammermusiken mit den Berliner Philharmoniker
Zum festen Bestandteil der Baden-Badener Osterfestspiele gehören die Kammermusiken von Mitgliedern der Berliner Philharmoniker. Vom 2. bis 10. April 2023 finden in reizvollen Spielstätten wie dem Kurhaus, dem Casino, der Stiftskirche oder dem Theater Baden-Baden dreizehn der beliebten Konzerte statt. Sie präsentieren eine Moderne ohne stilistische Scheuklappen – passend zur Oper „Die Frau ohne Schatten“ mit der die Osterfestspiele am 1. April 2023 eröffnen.
In den Kammerkonzerten präsentieren die Berliner Philharmoniker solistisch große Musik in kleinen Besetzungen. Den programmatischen Rahmen gibt die Oper „Die Frau ohne Schatten“ von Richard Strauss vor, welche die Osterfestspiele eröffnet. Das Kirill Petrenko dirigierte Werk pendelt zwischen spätromantischem Überschwang und avantgardistischen Klangexperimenten und repräsentiert die stilistische Vielfalt der frühen Moderne ab 1900 bis etwa zum Ende des zweiten Weltkriegs. Diese Vielfalt im Detail aufzufächern, darum geht es im Kammermusik-Programm, das in dreizehn Konzerten vorgestellt wird – wie stets auf ganz Baden-Baden verteilt, nämlich im Weinbrenner- und Runden Saal des Kurhauses, im Malersaal des Maison Messmer, in der Stiftskirche, im Casino und im Theater Baden-Baden.
Die Musiker der Berliner Philharmoniker finden sich zu spontanen Ensembles zusammen oder musizieren in festen Formationen: am bekanntesten sind dabei das Scharoun-Ensemble und das Philharmonische Streichquartett. Für den Besucher reizvoll sind Begegnungen mit Musikern, die sich auch jenseits des Orchesters einen Namen machten, wie etwa der Flötist Emmanuel Pahud, der in der am 4. April in der Stiftskirche zu erleben ist.
Verbannte Moderne
Eindrucksvoll: Werke von Komponisten, die in der Zeit des Nationalsozialismus, verfolgt, vertrieben oder ermordet wurden. Ihre Musik, lange Zeit vergessen, wird nun wieder entdeckt. Man denke etwa an die Werke von Erwin Schulhof. Das Oeuvre des kommunistischen Musikers pendelt zwischen Jazz, Popularmusik und gemäßigter Moderne. Schulhofs geniale, außerordentlich fantasievolle Musik wird heute hoch gewürdigt. Die Ensembles der Berliner Philharmoniker spielen gleich im ersten Konzert, am 2. April im Kurhaus, Schulhofs fünf Stücke für Streichquartett, sowie im Konzert Nr. 10 Schulhofs Streichsextett, das vielleicht beste Kammermusikwerk des Komponisten.
Erwin Schulhof ist nur der bekannteste Musiker unter ähnlichen Wiederentdeckungen. Zu ihm gesellen sich Pavel Haas und Ernst Toch, deren Werke für Bläser am 7. April im Weinbrennersaal im Kurhaus vorgestellt werden – im Verbund mit einem Stück des bekannteren Hanns Eisler.
Auch der Schönberg-Schüler Egon Wellesz gehört in diese Reihe. Wellesz´ Oktett von 1949, dargeboten vom Scharoun-Ensemble am 3. April (auch im Kurhaus), verbeugt sich von seinem Landsmann Franz Schubert.
Romantische Ideale
Nimmt man die bekannten Namen Hindemith und Bartók hinzu, dann zeigt sich hier eine repräsentative Auswahl der klassischen Moderne. Ihr gegenüber steht Musik von Komponisten, die am romantischen Idiom festhielten: Da wäre zum einen die Kammermusik von Richard Strauss selbst zu nennen, die oft in der Frühzeit des Komponisten entstand, wie etwa das Streichquartett des Sechzehnjährigen oder dessen an Brahms´ gemahntes Klavierquartett, die beide in Baden-Baden erklingen. Mit gleich drei Werken, unter ihnen auch sein berühmtes Klarinettenquintett (Konzert am 3.4., Kurhaus), ist Max Reger vertreten, sicherlich der bedeutendste Kammermusikkomponist um 1900. Zuletzt sei hier auf die Renaissance des Kammermusik-Komponisten Erich Wolfgang Korngold verwiesen. Der ehemals erfolgreiche Opernschöpfer musste nach Hollywood emigrieren, wo er zum einflussreichen Filmmusik-Komponisten avancierte. Mit dessen zweiten Streichquartett (im Konzert am 2.4.) und seinem Klavierquintett (im Konzert am 6.4.) stehen zwei spätromantische Werke Korngolds auf dem Programm.
Reichtum statt Richtwert
Das Ineinanderfließen von Spätromantik und Moderne, Politik und Film, lässt sich nicht wirklich auf einen Nenner herunterbrechen. Vereinfachend wurde diese Epoche lange Zeit deshalb nur auf eine Handvoll Avantgardisten reduziert.
Die Musiker der Berliner Philharmoniker erweitern diesen Horizont und präsentieren in den Kammermusiken der Osterfestspiele in Baden-Baden den ganzen Reichtum, der in diesem Neben- und Miteinander steckt. Reichtum statt Richtwert. Stilistischer Pluralismus statt des orthodoxen „nur so und nicht anders geht der Weg der Moderne“. Da findet sich der Hörer heute schnell wieder. Das Ohr darf sich freuen über fantastische, sich widersprechende Impulse.
Weitere Informationen und Tickets: festspielhaus.de, osterfestspiele.de
Persönliche Beratung und Reservierungen: Tel. 07221 / 30 13 101

© Jochen Klenk
Osterfestspiele Baden-Baden – Berliner Philharmoniker
Kammermusiken 02.04. bis 10.4.2023
Sonntag, 2.4.2023, 15.30 Uhr
KAMMERMUSIK I: Philharmonisches Streichquartett
Doria Xhoxhi, Violine – Helena Madoka Berg, Violine – Naoko Shimizu, Viola – Christoph Heesch, Violoncello
Erwin Schulhoff Fünf Stücke für Streicherquartett
Béla Bartók Streichquartett Nr. 3 Sz. 85
Erich Wolfgang Korngold Streichquartett Nr. 2 Es-Dur op. 26
Ort: Weinbrennersaal, Kurhaus
Montag, 3.4.2023, 15.30 Uhr
KAMMERMUSIK II: Scharoun Ensemble
Max Reger Klarinettenquintett op. 146
Egon Wellesz Oktett op. 67
Ort: Weinbrennersaal, Kurhaus
Dienstag, 4.4.2023, 16 Uhr
KAMMERMUSIK III
Johanna Pichlmair, Violine – Angelo De Leo, Violine – Tobias Reifland, Viola – Uladzinir Sinkevich,
Violoncello
Hanns Eisler Präludium und Fuge über BACH für Streichtrio op. 46
Alexander von Zemlinsky Zwei Sätze für Streichquartett
Richard Strauss Streichquartett A-Dur op 2
Ort: Runder Saal, Kurhaus
Dienstag, 4.4.2023,18 Uhr
KAMMERMUSIK IV
Vineta Sareika Völkner, Violine – Hande Küden, Violine – Diyang Mei, Viola – Knut Weber, Violoncello
Joseph Haydn Streichquartett G-Dur op. 76/Hob.III:75
Béla Bartók Streichquartett Nr. 4, Sz 91
Ort: Malersaal, Dorint Maison Messmer
Dienstag, 4.4.2023, 20 Uhr
KAMMERMUSIK V
Maja Avramovic, Violine – Marlene Ito, Violine – Stephan Koncz, Violoncello – Emmanuel Pahud, Flöte
Micha Afkham, Viola
Béla Bartók Sechs rumänische Tänze für zwei Violinen Sz 56
György Ligeti Baladá si joc für 2 Violinen
Zoltán Kodály Duo für Violine und Violoncello op. 7
Max Reger Serenade G-Dur für Flöte, Violine, Viola op. 141
Ort: Stiftskirche
Mittwoch, 5.4.2023, 11 Uhr
KAMMERMUSIK VI
Simon Roturier, Violine – Marlene Ito, Violine – Naoko Shimizu, Viola – Bruno Delepelaire, Violoncello
Béla Bartók Streichquartett Nr. 2 op. 17 Sz 67
Bedrich Smetana Streichquartett Nr. 1 e-Moll Aus meinem Leben
Ort: Malersaal, Dorint Maison Messmer
Donnerstag, 6.4.2023, 14.30 Uhr
KAMMERMUSIK VII
Cornelia Gartemann, Violine – Christoph von der Nahmer, Violine – Julia Gartemann, Viola – Solène
Kermarrec, Violoncello – Özgur Aydin, Klavier
Paul Hindemith Streichtrio Nr. 1 op. 34
Erich Korngold Klavierquintett E-Dur op. 15
Ort: Weinbrennersaal, Kurhaus
Donnerstag, 6.4.2023, 21.30 Uhr
KAMMERMUSIK VIII: Late Night mit Bolero Berlin
Martin Stegner, Viola – Raphael Haeger, Klavier – Esko Laine, Kontrabass – Manfred Preis,
Klarinette/Saxophon – Paulo Morello, Gitarre – Daniel “Topo” Gioia, Percussion
Werke von Astor Piazzolla, Carlos Gardel, Pixinguinha und Zequinha de Abreu
Ort: Casino Baden-Baden
Freitag, 7.4.2023, 15:30 UHR
KAMMERMUSIK IX
Jelka Weber, Flöte – Alexander Bader, Klarinette – Wenzel Fuchs, Klarinette – Stefan Schweigert, Fagott – Dominik Wollenweber, Oboe – Johannes Lamotke, Horn – Hande Küden, Violine – Naoko Shimizu, Viola – Gunars Upatnieks, Kontrabass – Jan Schlichte, Percussion
Pavel Haas Bläserquintett op.10
Hanns Eisler Divertimento für Bläserquintett op. 4
Ernst Toch Tanz Suite op. 30 für 5 Solo-Instrumente und Schlagzeug
Ort: Weinbrennersaal, Kurhaus
Samstag, 8.4.2023, 15.30 UHR
KAMMERMUSIK X: Philharmonisches Streichquintett
Luíz Fïlíp Coelho, Violine – Romano Tommasini, Violine – Diyan Mei, Viola – Wolfgang Talirz, Viola – David Riniker, Violoncello – Gunars Upatnieks, Kontrabass
Richard Strauss Streichsextett aus Capricio
Erwin Schulhoff Streichsextett op. 45
Anton Bruckner Streichquintett F-Dur 3.Satz Adagio
Ort: Weinbrennersaal, Kurhaus
Sonntag, 9.4.23, 11 Uhr
KAMMERMUSIK XI: Brahms Ensemble Berlin
Rachel Schmidt, Violine – Raimar Orlovsky, Violine – Julia Gartemann, Viola – Christoph Igelbrink, Violoncello – Nikolaus Resa, Klavier
Anton Bruckner Rondo c-Moll für Streichquartett
Mieczyslaw Weinberg Klavierquintett f-Moll op. 18
Ort: Weinbrennersaal, Kurhaus
Sonntag, 9.4.23, 14 Uhr
KAMMERMUSIK XII: Mit Musikern der Berliner Philharmoniker und Mitgliedern des Ensembles
Theater Baden-Baden
Richard und die Frauen. Musikalisch-literarisches Intermezzo zu Richard Strauss und Paul
Hindemith. In Kooperation mit dem Theater Baden-Baden.
Ort: Theater Baden-Baden
Montag,10.4.2023, 13 Uhr
KAMMERMUSIK XIII
Bettina Sartorius, Violine – Martin Stegner, Viola – Uladzimir Sinkevich, Violoncello – Hendrik Heilmann, Klavier
Max Reger Streichtrio a-Moll op. 77b
Richard Strauss Klavierquartett c-Moll op. 13
Ort: Weinbrennersaal, Kurhaus