
Das Schauspiel Frankfurt beginnt die neue Spielzeit mit Molières Der Geizige. Die Komödie karikiert den Typ des reich gewordenen, aber trotz dessen knauserigen Bürgers, der seine lebensfrohen, konsumfreudigen Kinder mit seinem Geiz erstickt. Inszeniert wird diese aberwitzige Komödie von Mateja Koležnik.
Die Kammerspiele eröffnen mit einer Uraufführung. In ihrem Auftragswerk Mascha K. [Tourist Status] erzählt die Autorin Anja Hilling das Leben und Werk von Mascha Kaléko, einer bekannten Dichterin aus dem Berlin der Weimarer Republik.
Auf »Mascha K.« folgt ein weiteres, biographisches, wenn auch fiktives Stück: Orlando – Eine Biografie«. Virginia Woolf traut sich in diesem Stück mit sämtlichen, als unveränderbar geltenden Lebensstandarten abzurechnen. Eine Änderung von Stand, Status, Zeit, ja sogar Geschlecht durchlebt dieser „Orlando“ auf der Suche nach Identität und der Daseinsfrage. Regie führen Anselm Weber und Katrin Spira.
Der Geizige
1668 wurde Molières Komödie im Théâtre du Palais uraufgeführt. 355 Jahre später inszeniert die slowenische Regisseurin Mateja Koležnik den noch immer hochaktuellen Stoff in der Bankenstadt Frankfurt. Es geht um nichts weniger als um Geiz.
»Der Geizige«, so wie wir die 5-aktige Komödie von Molière kennen, geht in wesentlichen Anteilen auf die sogenannte Goldtopf-Komödie des römischen Dichters Plautus zurück. Über Plautus ist wenig bekannt, außer dass er 184 v. Chr. bereits verstarb. Angeblich soll er seine Komödien als sogenannter Mühlensklave geschrieben haben, denn tatsächlich verdingte er sich bei einem Müller als Sklave, nachdem er sein gesamtes Vermögen, das er an der Bühne verdiente, durch Spekulationsgeschäfte wieder verloren hatte. Klingt modern!
Angeblich war Plautus Schauspieler, angeblich auch ein Komödiant. Er war kein Schreibtischdichter, sondern hat, von der Bühne inspiriert, aus der Theaterpraxis heraus geschrieben. Auch Molière – eigentlich Jean-Baptiste Poquelin – hat als Schauspieler zum Autorendasein gefunden. 1668, in den letzten Jahren seiner langen Karriere, hat er »L’Avare« (Der Geizige) als Prosakomödie geschrieben, in der er den Typ des reich gewordenen, aber geizig gebliebenen Bürgers karikiert, der seine lebensfroheren und konsumfreudigeren Kinder mit seinem Geiz erstickt. Während Molière eine aberwitzig verwickelte Komödie über das Thema Geiz schreibt, wird Koležnik die menschliche Verfehlung darin suchen und finden.
Der Geizige
Von: Molière
Premiere am Schauspiel Frankfurt: Donnerstag, 21. September 23 (Schauspielhaus)
Regie: Mateja Koležnik
Bühne: Olaf Altmann
Kostüme: Ana Savić-Gecan
Musik: Bert Wrede
Dramaturgie: Sabrina Zwach
Mit: Max Böttcher, Torsten Flassig, Sarah Grunert, Tanja Merlin Graf, Katharina Linder, Jannik Mühlweg, Peter Schröder, Michael Schütz, Yannick Sturm, Andreas Vögler, Wolfgang Vogler
Die nächsten Vorstellungen: 25./28./29. September, 1./5./6./21./28. Oktober 23
Mascha K. [Tourist Status]
»Ich glaube nicht, dass wir hier je zur Ruhe kommen«, schrieb die Dichterin Mascha Kaléko 1941 in ihr Tagebuch. Die jüdische Dichterin erlebt ein paar leuchtende Jahre in Berlin, in denen sie sich zu einer Ikone der »Neuen Sachlichkeit« aufschwang. Doch die Terrorherrschaft der Nationalsozialist:innen zwang sie schließlich in die Emigration. Zusammen mit ihrem Mann und dem gemeinsamen Sohn landet Kaléko in New York, eingepfercht in einer zu kleinen Wohnung und der Möglichkeit beraubt, ihrer künstlerischen Tätigkeit nachzugehen. Später wird ein kurzes Comeback sie zurückführen in das Land der Täter:innen. Doch das Berlin, in dem sie ihre Erfolge feierte, existiert nicht mehr. Es treibt sie weiter nach Israel. Doch auch hier findet sie keine Ruhe.
Das Leben und Werk von Mascha Kaléko sind Ausgangspunkt für ein neues Stück von Anja Hilling. Entstanden ist die eindrucksvolle Begegnung zweier Dichterinnen, zweier Sprachen – mitten in der Gegenwart. Das Stück erzählt von einem Leben, in dem das einzige Verweilen in der Bewegung liegt, von Versuchen, Familien zu gründen, in der Kunst, in der Konvention, in der Liebe. In der Inszenierung von Christina Tscharyiski verbindet sich die poetische Sprache des Stücks mit einer treibenden Musikalität zu einer Reise durch Raum und Zeit.
Mascha K. [Tourist Status]
Von: Anja Hilling
Premiere/Uraufführung am Schauspiel Frankfurt: Freitag, 22. September 23 (Kammerspiele)
Regie: Christina Tscharyiski
Bühne: Devin Rebecca McDonough
Kostüme: Miriam Draxl
Musik: Thorsten Drücker
Dramaturgie: Lukas Schmelmer
Mit: Anna Kubin, Lotte Schubert, Melanie Straub, Sebastian Kuschmann, Sebastian Reiß und Thorsten Drücker (Live-Musik)
Die nächsten Vorstellungen 23. September, 01./06./28. Oktober
Orlando – Eine Biografie
Von der Mannwerdung zur Frauwerdung – Orlando, ein junger, englischer Lord, wird Geliebter der Königin Elizabeth I., geht als Gesandter an den Hof des Sultans in Konstantinopel und verwandelt sich dort über Nacht in eine Frau. Über 400 Jahre hinweg, vom 16. Jahrhundert bis zum ausgehenden 20. Jahrhundert, durchstreift Orlando die Zeit. Aus dem unbeholfenen Dichter wird schließlich eine erfolgreiche, alleinerziehende, autofahrende Schriftstellerin. Virginia Woolf, selbst zwischen den Welten wandelnd, hat diese »Biografie« 1928 ihrer Geliebten Victoria Sackville-West gewidmet. Mit Witz demontiert Woolf darin scheinbar Unverrückbares: Stand, Status, Geschlecht und Macht. Der fluide Wechsel zwischen den Geschlechtern birgt für Woolf nicht etwa die Identitätskrise, sondern die größtmögliche Freiheit.
Orlando – Eine Biografie
Nach: Virginia Woolf
Premiere am Schauspiel Frankfurt: Sonntag, 24. September 23 (Schauspielhaus)
Regie: Katrina Spira, Anselm Weber
Bühne: Anselm Weber, Katrin Spira
Kostüme: Cosima Winter
Musikalische Einrichtung: Christina Lutz
Licht: Frank Kraus
Mit: Angelika Bartsch, Sonja Beißwenger, André Meyer, Annie Nowak, Mark Tumba, Rokhaya Müller (Studiojahr)
Die nächsten Vorstellungen 27. September, 02./04./13./26. Oktober, 19.30 Uhr
Der Vorverkauf für alle Vorstellungen im September und Oktober hat am 10. Juli begonnen.
Ab 28. August sind der telefonische Vorverkauf wieder Mo-Fr 8.30 bis 19.30 Uhr, Sa/So 10 bis 14 Uhr erreichbar, die Vorverkaufskassen Mo-Fr 9.30 bis 18.15 Uhr, Sa 9.30 bis 14.30 Uhr.
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