Großer Liederabend von Michael Porter an der Oper Frankfurt

Liederabend Michael Porter (Tenor), Axel Bauni (Klavier) ~ Oper Frankfurt 7. Mai 2019 ~ Michael Porter (vorne), Axel Bauni (hinten) (© Barbara Aumüller ~ www.szenenfoto.de)

Dass Ensemblemitglieder einen Liederabend im Opernhaus bestreiten, ist in der Geschichte der langjährigen Liederabendreihe der Oper Frankfurt selten der Fall. Wenn dazu, wie jetzt mit Michael Porter (30 Jahre), ein junger Sänger die Gelegenheit bekommt, ist dies zusätzlich bemerkenswert. Der gebürtige US-Amerikaner war in den Spielzeiten 2013/14 und 2014/15 Mitglied des Opernstudios der Oper Frankfurt, seit 2015/16 gehört er dem Ensemble an. Inzwischen hat er sich nicht nur bestens in Frankfurt/M eingelebt, sondern auch eine Familie gegründet. Verheiratet mit der Sopranistin Nora Friedrichs (auch einst Stipendiatin des Frankfurter Opernstudios und jetzt Ensemblemitglied der Komischen Oper Berlin), wurde vor wenigen Wochen ein Sohn geboren. War es die Freude über das Vaterglück oder ist es nicht viel mehr seine generelle Natur? Michael Porter strahlt viel gute Laune aus, hat immer ein spitzbübisches, verschmitztes Lächeln auf den Lippen und gewinnt dadurch schon sehr viel. Er wirkt locker und unkonventionell, was Professionalität nicht ausschließt. Trotz seiner scheinbar coolen Art präsentierte er sich bei seinem Liederabend im Opernhaus dem Anlass entsprechend seriös und war sehr gut vorbereitet (so sang er sein komplettes Programm souverän und frei von ausliegenden Noten).

Mit Ludwig van Beethovens anspruchsvollem „Adelaide“ (op. 46) zu einem Gedicht von Friedrich von Matthisson eröffnete Michael Porter sein Programm. Das bedeutende Stück, bei seinem Erstdruck trug es die Bezeichnung Kantate, beinhaltet träumerische, zarte, aber auch sich impulsiv steigernde Gefühlsäußerungen. Hier, wie auch bei den nachfolgenden vier Liedern von Johannes Brahms, glänzte Porter mit einer sehr guten Aussprache. Mit Benjamin Britten ist Porter nicht zuletzt durch die Rollenverkörperung des Novice bei dessen Oper Billy Budd vertraut. Von ihm wählte er den Zyklus Seven sonnets of Michelangelo (op. 22). Den Liebesliedern liegt ein italienischer Text des bedeutenden Michelangelo (Buonarotti) zugrunde. Sir John Tomlinson sang sie an gleicher Stelle bei seinem Liederabend im September 2013. Auch sie sind voller großer Gefühlsäußerungen, die Porter mit Elan vermittelte.

Nach der Pause schien der offizielle Teil für Porter erledigt, präsentierte er sich doch nun ohne Sakko und wirkte dadurch wesentlich befreiter, was sich nicht nur an seinen nunmehr ausladenden Bewegungen zeigte. Mit einem „American Songbook“ eigener Wahl folgten Kompositionen aus seiner Heimat, wie Aaron Copeland, Samuel Barber und Charles Ives, die von Sängern wie Thomas Hampson hierzulande bekannt geworden sind. Besonders schön dabei das intim anmutende „Litany“ von John Musto und das Schlusslied „Lonely house“ aus Kurt Weills „Amerikanischer Oper“ Street Scene.
Gewissenhaft begleitete ihn Axel Bauni am Klavier, darauf achtend, das Klavier nicht zu dominant zu spielen (was sich auch am nur ¼ geöffneten Flügel zeigte).

Liederabend Michael Porter (Tenor), Axel Bauni (Klavier)
Oper Frankfurt 7. Mai 2019
Michael Porter, Axel Bauni
© Barbara Aumüller ~ www.szenenfoto.de

Es gab intensiven und lang anhaltenden Applaus nicht nur für einen überaus sympathisch wirkenden jungen Tenor, sondern auch für seine flexible, lyrische und nobel anmutende Tenorstimme.
Sein ausgeprägtes humoristisches Talent demonstrierte er bei der ersten Zugabe, zu der er leicht verspätet hinein stolperte, das Hemd noch aus der Hose hängend. Er war bei Chloen, die wollt er küssen, doch die drohte zu schreien. Das tat sie dann, doch erst lang hinterher… (Beethovens „Der Kuss“). Auf deutsch erzählte er dann, dass er vor wenigen Wochen Vater geworden sei und das nachfolgende Wiegenlied (Aaron Coplands „The Little Horses“) seinem Sohn widmen würde. Während diesem war deutlich eine starke Rührung im mitfühlenden Publikum zu spüren.

Markus Gründig, Mai 19


Die Zugaben:

Ludwig van Beethoven (1770-1827): „Der Kuss“ op. 128 (1822)
Aaron Copland (1900-1990): „The Little Horses“ (1952), 1. Lied des Zyklus’ Old American Songs II