Im April hat die vom Schauspiel Stuttgart eingesetzte Jury des Europäischen Dramatiker:innen Preises der Britin Caryl Churchill den Preis 2022 für ihr Gesamtwerk zugesprochen. Der Preis wird vergeben vom Schauspiel Stuttgart, gefördert wird die mit 75.000 Euro dotierte Auszeichnung vom Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg. Nach erneuter Beratung hat die Jury gestern (31. Oktober) beschlossen, ihre Entscheidung zurückzuziehen und den Europäischen Dramatiker:innen Preis in diesem Jahr nicht zu verleihen. Zum Wochenende waren Informationen bekannt geworden, die der Jury bisher nicht vorlagen.
„Die Jury des Europäischen Dramatiker:innen Preises 2022 hat den Preis der britischen Autorin Caryl Churchill für ihr Lebenswerk zugesprochen. In der Zwischenzeit haben wir Kenntnis von BDS-Unterschriften der Autorin bekommen. Außerdem gibt es das Stück „Seven Jewish Children“, das antisemitisch wirken kann. Die Jury hat zu ihrem großen Bedauern deswegen entschieden, den Preis in diesem Jahr nicht zu vergeben“, so die Jury.
Die Landesregierung hat sich der Empfehlung der Jury angeschlossen. Kunstministerin Petra Olschowski sagte: „Wir tragen in Deutschland eine besondere historische Verantwortung. Deshalb positionieren wir uns als Land klar gegen jegliche Form von Antisemitismus. Das ist für uns nicht verhandelbar. Umso mehr kann ein mit staatlichen Mitteln geförderter Preis unter den gegebenen Umständen nicht verliehen werden. Wichtig ist mir, dass die Jury umgehend reagiert hat und sich klar positioniert.“
Schauspielintendant Burkhard C. Kosminski: „Das Schauspiel Stuttgart kann die Entscheidung der Jury nachvollziehen und unterstützt sie. Wir bedauern den Vorgang zutiefst.“
Über die Verwendung des Preisgelds finden noch Gespräche statt.
Europäischer Dramatiker:innen Preis des Schauspiel Stuttgart
Der Europäische Dramatiker:innen Preis ist mit 75.000 Euro dotiert und wird alle zwei Jahre vom Schauspiel Stuttgart vergeben. Die vom Kunstministerium Baden-Württemberg geförderte Auszeichnung würdigt europäische Dramatiker:innen für ihr herausragendes Gesamtwerk.
Erster Preisträger im Jahr 2020 war der in Frankreich lebende Dramatiker, Regisseur, Schauspieler und Theaterleiter Wajdi Mouawad.
Der Jury gehörten (wie im Jahr 2020) an: Barbara Engelhardt (Intendantin Theater Maillon, Straßburg), Peter Kümmel (Theaterkritiker und Redakteur im Feuilleton der Wochenzeitung Die Zeit), Peter Michalzik (Autor, Vorsitzender der Jury), Petra Olschowski (damalige Staatssekretärin im Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg) und Thomas Ostermeier (Regisseur und Künstlerischer Leiter der Schaubühne Berlin).