Die Galerie Stadt Sindelfingen zeigt Einzelausstellung von Chris Succo

Chris Succo: Shadows Are Phantoms ~ © Kilian Blees

Die Galerie Stadt Sindelfingen zeigt vom 17. November 2024 bis zum 02. März 2025 mit Shadows Are Phantoms die erste institutionelle Einzelausstellung von Chris Succo. Anhand von neu entstandenen Bildern gibt die Ausstellung Einblicke in das Schaffen des Malers.

Das Œuvre von Chris Succo vereint sowohl die Schatten der Vergangenheit als auch jene, die das grelle Licht der Gegenwart wirft. Denn so frisch und zeitgemäß die großformatigen, wirkmächtigen Gemälde auch sein mögen, so tief sind sie in der postmodernen Tradition der abstrakten Malerei verwurzelt. Durch ihre Serialität wirken sie wie Versuchsanordnungen, die sich schrittweise an der Vergangenheit abarbeiten, um die Malerei im Angesicht einer überreizten Gegenwart nach ihren Möglichkeiten zu befragen. Und so erscheint dann auch der Einfluss der Abstrakten Expressionisten überaus präsent zu sein, wenn man in der Ausstellung auf eine Papierarbeit mit dem Titel De Kooooning (2024) trifft oder sich einer Serie großformatiger Gemälde mit schwarz-silbernen Farbräumen gegenübersieht, die an jene von Mark Rothko oder Clifford Still erinnern. Der klare Hang zum Großformat und formale Charakter der Gemälde erhärten den Verdacht. Doch dann begegnet man wiederum Leinwänden, auf die Fotos collagiert sind, sowie einer Serie schwarzer Bilder (2024), auf denen in großen grünen Buchstaben „PAINTER“ steht. Dann wird klar, dass die Angelegenheit mit Chris Succos Werken nicht so einfach ist.

Der Schriftzug stammt von der Titelsequenz der gleichnamigen Videoarbeit von Paul McCarthy, die aus der Sicht eines Künstlers wohl auf tragische, für Außenstehende dennoch komische Weise die Leidensgeschichte eines Malers zwischen Schaffensprozess im Atelier und der harten Realität des Kunstmarkts zuspitzt. Diese Realität scheint auch ausschlaggebend für Shadows Are Phantoms zu sein. Denn das Atelier als Ort, an dem die Suche nach dem eigenen künstlerischen Ausdruck ihren Anfang nimmt und die Kunst nicht Mittel, sondern Selbstzweck ist, bevor kommerzielle Interessen ihre Bedeutung überblenden, ist zentral für viele Arbeiten der Ausstellung. Die serielle Hängung und die daraus resultierende viermalige Wiederholung des in Anführungszeichen gesetzten Wortes „Painter“ sowie die Tatsache, dass der Schriftzug gedruckt und dann auf die Leinwand collagiert wurde, erscheinen in diesem Licht wie eine vehemente Selbstvergewisserung.

Dazu muss man wissen, dass Chris Succo in den 2000er Jahren an der Kunstakademie Düsseldorf zu einer Zeit studiert hat, in der unter anderen die 1980-Jahre Generation wie sein Professor Georg Herold oder Albert Oehlen die Lehrkräfte stellte. Vorsichtig gesagt, die Punks der deutschen Kunstgeschichte und wahrscheinlich die Letzten, die in gewisser Weise noch das Bild vom Künstler verkörpern konnten, der vom Schaffensdrang getrieben Konventionen einreißt. Sie waren auch jene Generation, die in den 80er-Jahren nach Fluxus, Konzeptkunst und Joseph Beuys die Malerei wieder in den Fokus rückten. Das ist also das Umfeld, in dem Succo „sozialisiert“ wurde, in der festen Annahme, seiner Berufung und keinem Beruf nachzugehen. Was es heißt, als Künstler in eine schnelllebige Verwertungsgesellschaft eingebunden zu sein, sollte er erst später erfahren.

Dementsprechend gleicht die gesamte Inszenierung von Shadows Are Phantoms einer Art Antihaltung, sich dem gegebenen musealen Rahmen zu fügen. Der größte Ausstellungsraum wirkt seltsam leer, während die kleineren Räume großformatige Serien beherbergen. Untitled (2024) zeigt das Atelier des Künstlers und ist in einer Rotunde auf zwei Betonsteinen gegen die Wand gelehnt, während The Unknown Known (2024) und Shadows Are Phantoms (2024) an Autopole-Stangen im Raum installiert sind, sodass ein kulissenhaftes Setting entsteht. Alles andere als das, was man von einer klassischen Malereiausstellung erwarten würde.

Obwohl die eigene Künstlerpersönlichkeit in alle Arbeiten auf die ein oder andere Weise eingeschrieben ist, wird sie dennoch erst durch die Unmittelbarkeit der malerischen Geste in Werken wie The Unknown Known und Shadows Are Phantoms oder den anfangs erwähnten silber-schwarzen Bildern nahbar. Im Anblick dieser Arbeiten wird einem dann auch unweigerlich bewusst, dass es die Malerei mit all ihrer Wirkkraft ist, um die es dem Künstler eigentlich geht.

Die zarten, schwebend leichten Farbräume der silber-schwarzen Bilder ziehen den Betrachtenden in ihren Bann, saugen ihn geradezu in die eigenen Dimensionen ein, sodass ihre unterschiedlichen Verhältnismäßigkeiten auch das Raumgefühl im Bezug auf die eigene Körperlichkeit beeinflussen. Der Duktus des Malers ist in diesen Gemälden zwar viel zurückgenommener als beispielsweise in Bone Sculpture America (2024), aber dennoch präsent.

Währenddessen ist das Ausgangsmotiv der in Van-Dyck Braun gehaltenen Arbeit Painter (2024) in einem kraftvoll energischem Liniengeflecht bis an die äußerste Grenze abstrahiert, sodass nur noch in der rechten Bildhälfte eine schemenhafte Figur zu erkennen ist. Jeder Pinselstrich ist klar gesetzt. An einigen Stellen sind die Linien zu Farbflächen und angedeuteten Formen verdichtet, in denen der Duktus immer noch gegenwärtig bleibt. Nichts steht mehr zwischen dem Maler, seiner Leinwand und der Farbe, der Schaffensprozess ist offengelegt.

Chris Succo filtert, fragmentiert und seziert Vergangenes ebenso wie Gegenwärtiges, wägt so die Bedeutung für das eigene Schaffen ab. De Kooning, Still und McCarthy werden in diesem Prozess genauso zum Material wie die collagierten Fotos aus dem Atelier und so werden Succos Arbeiten zu persönlichen Filtrationen der eigenen Realität. Der gelebten, wahrgenommenen, für gut oder schlecht befundenen. Der Realität, die einen erdrückt, und jener, die einen weitermachen lässt. In Shadows Are Phantoms eröffnet er uns sein Universum und lässt uns an seiner rastlosen Suche nach Sinnhaftigkeit in der Malerei teilhaben.

Chris Succo ist 1979 in Düsseldorf geboren, wo er auch lebt und arbeitet. Von 2003 bis 2009 hat er an der Kunstakademie Düsseldorf bei Professor Georg Herold studiert und von 2010 bis 2012 am Royal College of Art in London. Seine Werke wurden in Gruppen- und

Einzelausstellungen u.a. im Ludwig Museum, Koblenz, Kunstverein Heppenheim, Salon Kennedy, Frankfurt, Villa Schöningen, Potsdam sowie bei der Almine Rech Gallery, Paris, London, Brüssel, Shanghai und The Journal Gallery, New York, Los Angeles gezeigt. Arbeiten des Künstlers sind u.a. in den folgenden privaten und öffentlichen Sammlungen vertreten: Museum Kunstpalast, Düsseldorf, Kunstsammlung NRW, Chanel Collection, Museum of Modern Art, Chicago, Peter Marino Art Foundation, Sammlung der National-Bank.

Öffnungszeiten:

Mo–Fr 10–18 Uhr ǀ Sa, So, Feiertage 10–17 Uhr
Der Eintritt ist frei.

galerie-sindelfingen.de
facebook.com
instagram.com