
Nach Marco Goecke (2019 bis zum Ende der Saison 2022/23) und Hofesh Shechter (seit Sommer 2021) ist Barak Marshall der dritte Choreograph, den Gauthier Dance zu einer intensiven, langfristigen Kooperation als Artist in Residence an das Theaterhaus Stuttgart bindet.
Seine erste Arbeit für Gauthier Dance war Honigsaft für das Duett-Programm Deuces. Das humorvolle „Beziehungsdrama“ traf den Spirit der Company so gut, dass schnell feststand: Fortsetzung erwünscht! Die Gelegenheit dazu kam bei der Debüt-Produktion der Gauthier Dance JUNIORS, RENAISSANCE. Barak Marshall zog hier mit der Neukreation At the River Styx ein ernsteres Register. Seinem geliebten Vater gewidmet, versetzt uns das Stück – ins Fegefeuer. Sechs Seelen machen ihren Frieden mit dem Tod … Dennoch war auch dieses Stück ein unverkennbarer „Marshall“ – mit seiner Nähe zum erzählerischen Tanztheater, seinem schwarzen Humor, einer Menge Slapstick und einem von Klezmer, Jazz und Weltmusik inspirierten Soundtrack.
Genau diese stilistische Farbe ist es, die Marshall für Gauthier Dance so interessant macht. Denn diese war im Repertoire der Company bislang eher selten zu finden. Vor allem aber erwies sich die Kooperation mit dem warmherzigen Künstler einmal mehr als die reine Freude, für die Tänzer*innen ebenso wie für das ganze Team. Gauthier Dance und Barak Marshall – das passt so gut zusammen, wie es der Titel des ersten Tanzabends mit dem frisch gebackenen Artist in Residence verheißt: Dream Team!
In seiner ersten „offiziellen“ Spielzeit wird Marshall eines der 10 Musikstücke von The Fireworks Project choreographieren, seinen Fokus aber ansonsten auf die Gauthier Dance JUNIORS legen, mit den beiden Uraufführungen The Blue Bride für das erwähnte gemischte Programm Dream Team (Premiere am 23.1.25) sowie das abendfüllende Tanzstück für Zuschauer*innen von 6 bis 106 Jahren, Barker, das am 4. Juli 2025 beim COLOURS-Festival 2025 uraufgeführt wird. Wie Ohad Naharins Kamuyot und das Format Meet the Talents in den vergangenen Ausgaben wird Barker am frühen Abend in der Theaterhaus-Sporthalle gezeigt, um dem Festivalpublikum im Anschluss den Besuch weiterer COLOURS-Produktionen zu ermöglichen. Mehr Infos zu den Stücken siehe unten.
Über Barak Marshall
Barak Marshall wuchs in einer Künstlerfamilie in Los Angeles auf, als Sohn der legendären amerikanisch-israelischen Tänzerin und Choregraphin Margalit Oved. Seinen künstlerischen Durchbruch erzielte er jedoch in Israel, unter anderem als Hauschoreograph der berühmten Batsheva Dance Company und als künstlerischer Leiter der landesweit ältesten Kompanie für zeitgenössischen Tanz, Inbal Dance Theatre.
Eine besonders enge Beziehung verbindet Marshall mit dem Suzanne Dellal Centre for Dance and Theatre in Tel Aviv, das als bedeutendste Institution für modernen Tanz in Israel gilt. Schon sein erstes Stück Aunt Leah holte den 1. Preis der Suzanne Dellal Centre’s Choreography Competition 1995. Ab 2008 vertiefte sich die Zusammenarbeit mit den abendfüllenden Produktionen Monger, Rooster (zusammen mit der Israeli Opera) und Wonderland. Außerdem kreierte Barak Marshall für Les Ballets Jazz de Montréal, Rambert Dance Company, Cisne Negro, Bodytraffic, Ballet Junior de Genève und demnächst für das Ballett Oldenburg.
Neben der Choreographie verfolgt Marshall eine zweite sehr erfolgreiche Karriere als Sänger, mit einer besonderen Vorliebe für Klassik und die Musik des Nahen Ostens. Er trat unter anderem mit Yo-Yo Ma und dessen Silk Road Project auf.
Gauthier Dance JUNIORS//Theaterhaus Stuttgart:
Dream Team
Premiere am 23. Januar 2025
Uraufführungen von Virginie Brunelle und The Blue Bride von Barak Marshall
Premiere von Eric Gauthier, Podcast Vol. 1 & 2
sowie Alejandro Cerrudo, Lickety-Split und Nacho Duato, Jardi Tancat
Ein Jahr nach dem sensationell erfolgreichen Debüt mit RENAISSANCE legen die Gauthier Dance JUNIORS mit einem zweiten eigenen Programm nach, bestehend aus zwei Uraufführungen, zwei erprobten Klassikern des zeitgenössischen Tanzes und einem völlig neuen Podcast-Format mit Host Eric Gauthier. Der ursprüngliche Titel des Konzeptabends lautete: Something old something new something borrowed something blue, so wie es im angelsächsischen Raum die Glücksbringer-Tradition für das Brautkleid verlangt. Und tatsächlich bezieht sich jedes der vier Stücke auf eines der vier Glückselemente. Zusammen sollen sie auch den Gauthier Dance JUNIORS viel Glück für ihre Zukunft im Tanz bringen!
Something old: Eine ausgesprochen artgerechte Wahl für die JUNIORS ist Jardi Tancat (katalanisch für einen umfriedeten Garten). Denn Nacho Duato kreierte sein choreographisches Debüt von 1983 ebenfalls für eine Nachwuchskompanie, das NDT 2. Benannt ist das atmosphärische Stück nach dem gleichnamigen Album der katalanischen Volkssängerin Maria del Mar Bonet, einer Ikone des Widerstands gegen das Franco-Regime. Die Texte wie der Tanz der drei in Erdfarben gewandeten Paare beschwören das harte bäuerliche Leben herauf, im unermüdlichen Kampf gegen die Trockenheit und Kargheit des katalanischen Bodens.
Something new: Virginie Brunelle gilt als eine der großen Hoffnungsträgerinnen des kanadischen Tanzes. Wer die zwei bisherigen Kollaborationen mit Gauthier Dance kennt, wird das bestätigen. Das innige, poetische Gruppenstück Beating für den Konzeptabend Grandes Dames zielte darauf, die Herzschläge der Performer*innen zu synchronisieren. In dem leidenschaftlichen Solo Off White für The Dying Swans Project, das sie während der Pandemie via Zoom von Kanada aus kreierte, ließ sie eine Tänzerin Sturm laufen gegen die Einsamkeit. Ihre nächste Uraufführung für die JUNIORS ist schon in der Pipeline. Die Spannung steigt!
Something borrowed: Lickety-Split – zu Deutsch unverzüglich, blitzschnell – kommt trotz seines temporeichen Titels eher entspannt, vor allem sehr menschlich und humorvoll daher. Zur hypnotischen Musik des kalifornischen Indie-Folk-Sängers Devendra Banhart skizzierte Alejandro Cerrudo, damals der Resident Choreographer von Hubbard Street Dance Company Chicago, die Begegnung dreier Paare: sinnlich, rätselhaft und mit einem Hauch Exzentrik. In einer seiner ersten Spielzeiten nahm Gauthier Dance das Stück ins Programm, als Teil des Tanzabends Lucky Seven von 2011. Nun ist es Zeit, dieses tänzerische Juwel an die nächste junge Theaterhaus-Company weiterzugeben …
Something blue: Barak Marshalls The Blue Bride ist ein augenzwinkerndes Lehrstück über eine zum Scheitern verurteilte Liebe und die Gefahren von Naivität, blindem Gehorsam und Eifersucht. Im Stil einer Moritat beginnt es mit der Braut am Altar, die vergeblich auf ihren Bräutigam wartet, und endet mit einem schaurig-komischen Hochzeitsmassaker. Die Farbe Blau im Titel spielt auf die psychische Labilität der missbrauchten Braut an, die im Lauf des Stücks zur Rächerin und Mörderin mutiert. Sarkastisch, witzig und unterlegt mit Love Songs aus der ganzen Welt, verspricht The Blue Bride eine äußerst unterhaltsame, temporeiche Tragikomödie.
Neben den vier Glücksbringer-Choreographien erkundet Eric Gauthier in einem ganz besonderen neuen Format, was den Anspruch „Dream Team“ mit Leben erfüllt. Als Host eines Podcast-Format wird er – wie in einer Radio-Show – in zwei Blöcken über das Thema künstlerische Zusammenarbeit sprechen. In Podcast Vol. 1 interviewt er die beteiligten Choreograph*innen: Wie unterscheidet sich die künstlerische Herangehensweise bei einem Gruppenstück im Vergleich zu Solos oder Pas de deux? In Podcast Vol. 2 folgen Gespräche mit den Ausführenden – den JUNIORS. Wie gelingt die tänzerische Zusammenarbeit am besten? Und wann und wie kommt der „Dream Team Spirit“ auf?
Gauthier Dance//Dance Company Theaterhaus Stuttgart:
FireWorks. Celebrating 40 Years of Theaterhaus Stuttgart
Premiere am 27. April 2025
40 Jahre Theaterhaus Stuttgart – was für ein stolzer Geburtstag! Und Ehrensache, dass auch die Theaterhaus-Tanzcompany dem Mutterhaus einen extrastark funkelnden Glückwunsch schickt. Inspiriert von der großartigen Tradition des Theaterhauses als Konzertspielstätte, zündet im ersten Teil des Abends The Fireworks Project zehn bunte Tanz-Raketen. Die neuen Kreationen basieren allesamt auf Musikstücken, die nicht zuletzt für die künstlerische Identität des Theaterhauses stehen. In Tanz verwandelt werden sie von den Starchoreograph*innen Mauro Bigonzetti, Virginie Brunelle, Stijn Celis, Dominique Dumais, Andonis Foniadakis, Marco Goecke, Johan Inger, Barak Marshall, Benjamin Millepied und Sofia Nappi. Der zweite Teil des Abends präsentiert Wiederaufnahmen aus dem Repertoire – teilweise mit einem Twist. Andonis Foniadakis zum Beispiel wird seinen Bolero in großem Stil ausbauen, mit den JUNIORS und einem Gutteil der Haupt-Company. Last but not least spielt Eric Gauthier mit der Uraufführung Crescendo mit seinen neo-klassischen Wurzeln. Erfolgreiche auswärtige Kreationen wie Les Adieux für Iana Salenko (Staatsballett Berlin) oder Nacht auf dem kahlen Berge für das Bayerische Junior Ballett München haben ihm Lust gemacht, wieder in die Welt des Spitzentanzes und der klassischen Musik einzutauchen.
Gauthier Dance//Dance Company Theaterhaus Stuttgart:
Akram Khan, The Turning of Bones
Eröffnungspremiere COLOURS International Dance Festival 2025 am 26. Juni 2025
Seismograph der Seele: Akram Khans Renommee als prägender Schrittmacher unserer Zeit kommt nicht von ungefähr. Es gibt wenige Choreograph*innen mit einem so feinen Gespür für die menschliche Psyche. Wenige auch, die verborgene Abgründe so gründlich ausloten wie er. Zumal Akram Khan – und das macht seine Arbeiten so besonders – den Tanz immer wieder in sehr konkreten Kontexten verortet. Sei es der erste Weltkrieg in XENOS, das babylonische Gilgamesch-Epos in Outwitting the Devil, uraufgeführt beim COLOURS-Festival 2019, oder zuletzt die geschundene Natur in der Klimakrise mit dem Jungle Book Reimagined.
Im Sommer 2025 wird der britische Starchoreograph und Tänzer Akram Khan erstmals mit Gauthier Dance arbeiten. Er wird dafür Auszüge aus drei klassisch gewordenen Produktionen weiterentwickeln, die er für sich selbst oder die Akram Khan Company kreierte. Der Titel The Turning of Bones spielt dabei nicht nur auf ein hauptsächlich in Madagaskar praktiziertes Ritual der Erinnerung an – Famadihana, bei dem die Menschen die eingehüllten Überreste der Vorfahren aus den Gräbern holen, um sich neu mit ihren Ahnen und ihrem Erbe zu verbinden. Sie frischen die Namen auf den Tüchern auf, tragen die Knochen über ihren Köpfen und tanzen mit ihnen. Famadihana könnte tatsächlich auch die Herangehensweise an diese Produktion bezeichnen, bei der Akram Khan in die Geschichte seiner eigenen Werke eintaucht. Denn das Programm kombiniert Szenen aus dem Gruppenstück iTMOi (In the Mind of Igor), entstanden 2013 zum 100. Jubiläum von Igor Stravinskys Le Sacre du Printemps, den frappierenden „Kopftanz“ aus dem abendfüllenden Solo DESH über das Heimatland seines Vaters, Bangladesh, sowie den ergreifenden Pas de deux Mud of Sorrow, digital uraufgeführt im Pandemie-Winter 2021. Die Auswahl zielt auf das Gefühl des Unbehagens und die Suche nach Sinn, die unsere zunehmend orientierungslose Gesellschaft bestimmen. Die Ausschnitte werden über eine neu komponierte Musik von Aditya Prakash miteinander verwoben und münden in eine Neukreation, die titelgebend ist: The Turning of Bones. Als Inspirationsquelle dient Khan sein Kurzfilm INSIRGENTS von 2023, der sich mit dem Phänomen des Mobs auseinandersetzt und damit, wie Gewalt von Generation zu Generation weitergegeben wird.
Im Gegensatz zu den aufwendigen Bühnenbildern und Settings der ursprünglichen Fassungen strebt Akram Khan für diesen Abend eine ganz andere, abstraktere Stimmung an, die den Tanz und die puren Emotionen in den Mittelpunkt. Schon jetzt ist klar: Dieser kompromisslose, absolut herausfordernde Ansatz trifft bei Gauthier Dance nicht nur auf eine kongeniale Company. Auch die Voraussetzungen für eine intensive Probenarbeit sind gegeben. Dafür sorgt unter anderem eine zweiwöchige Residenz in der wundervollen Orsolina 28 Art Foundation in Moncalvo (Piemont) zum Abschluss unmittelbar vor der Premiere.
Gauthier Dance JUNIORS//Theaterhaus Stuttgart:
Barak Marshall, Barker
Premiere am 4. Juli 2025 beim COLOURS International Dance Festival 2025
Auch für sein nächstes Stück für die Gauthier Dance JUNIORS wählt Barak Marshall ein Szenario aus einer humorvoll verfremdeten Vergangenheit. Barker richtet sich an ein Publikum aller Generationen, mit einer märchenhaften Erzählweise, Zauber- und Puppentricks sowie reichlich Interaktion mit den Zuschauer*innen – und mit anspruchsvollen Inhalten: Das Stück spielt in den 1920-er Jahren, nicht lange nach der Russischen Revolution, in einem Klima der Paranoia vor dem Roten Terror. Inspiriert von den wilden Plots des Varieté-Theaters, dem Werk des jüdischen Autors und Zeichners Bruno Schulz (Die Zimtläden) und Jean Genets Die Zofen, erzählt das Stück die Geschichte einer Rebellion: Sechs Bedienstete proben den Aufstand gegen ihre – für das Publikum stets unsichtbare – Herrschaft. Barak Marshall inszeniert hier wohlgemerkt kein düsteres Sozialdrama, sondern eine witzig überzeichnete, hoffnungsvolle Reise in die Freiheit, untermalt von der lebhaften Musik des Balkans.
Die Produktion wird während des COLOURS-Festivals zu sehen sein, übrigens mit offenen Proben für das Festivalpublikum, und auch darüber hinaus. Konzipiert für die Theaterhaus-Sporthalle, eignen sich Barker für den künftigen mobilen Einsatz in Schulturnhallen im Rahmen der Outreach-Initiative MOVES FOR FUTURE.
Gauthier Dance unterwegs
Tourmanagement: ecotopia dance productions, ecotopiadance.com
The Seven Sins

Eine Produktion von Theaterhaus Stuttgart
in Koproduktion mit La Biennale di Venezia (Italien), Festspiele Ludwigshafen im Theater im Pfalzbau
In Zusammenarbeit mit SWR / ARTE & EuroArts
Produktion der Superlative: Dieser Tanzabend vereint die absolute Crème de la crème internationaler Choreograph*innen. Jede und jeder von ihnen hat für Gauthier Dance eine Todsünde in ein Tanzstück verwandelt. Das Ergebnis: ein Tableau der Ruchlosigkeit, bestehend aus sieben Uraufführungen von Aszure Barton, Sidi Larbi Cherkaoui, Sharon Eyal, Marco Goecke, Marcos Morau, Sasha Waltz sowie Artist in Residence Hofesh Shechter.
Donnerstag, 10. Oktober 2024 / Freitag, 11. Oktober 2024 / Samstag, 12. Oktober 2024 – jeweils um 19:00 Uhr, Finnland-Premiere im Dance House Helsinki
Dienstag, 15. Oktober 2024 um 19:00 Uhr, Tampere Hall, Tampere (Finnland)
Mittwoch, 23. Oktober 2024 um 20:00 Uhr, Schlosstheater Fulda