Dirigent Gérard Korsten und Violinistin Antje Weithaas präsentieren Mozart, Bartók und Mendelssohn beim 3. Sinfoniekonzert der Spielzeit 2024 25 am Hessischen Staatstheater Wiesbaden
Sie ist eine der wichtigsten Violinistinnen unserer Zeit, er wurde vom erfolgreichen Konzertmeister zum gefragten Dirigenten: Antje Weithaas und Gérard Korsten musizieren gemeinsam beim 3. Sinfoniekonzert am Mittwoch, 18. Dezember 24 um 19.30 Uhr im Kurhaus Wiesbaden und bringen unter anderem Béla Bartóks Violinkonzert Nr. 1 zum Klingen.
Béla Bartók selbst schrieb das zu Lebzeiten unveröffentlichte, zweisätzige Violinkonzert für seine unerwiederte große Liebe, die Geigerin Stefi Geyer. Schon die Betitelung des ersten Satzes „Ein Ideal“ verrät den Anlass der zwischen Glücksmomenten und Gefühlschaos wechselnden Komposition. Erst 1958, dreizehn Jahre nach Bartóks Tod, wurde das heute als erstes Violinkonzert bezeichnete Werk in Basel uraufgeführt.
Zuvor befand es sich im Besitz Stefi Geyers, die das Manuskript des Konzerts mit einer Abschiedswidmung Bartóks bis zu ihrem Tod 1956 verwahrte, aber nie öffentlich spielte. Im zweiten Satz portraitiert Bartók seine realistische Sicht auf die lebensfrohe Solistin; einen dritten, der die „gleichgültige, kühle und stumme Stefi Geyer“ zeigen sollte, verwarf der Komponist. In seinen „Zwei Portraits“ für Orchester setzte er allerdings diesen Plan doch noch um: Dem „Ideal“ steht „Ein Zerrbild“ gegenüber.
Wesentlich leichtfüßiger klingt die Eröffnung des 3. Sinfoniekonzert im Friedrich-von-Thiersch-Saal: Mit Wolfgang Amadeus Mozarts „Cassazione“ Nr. 2 (KV 99) wird das 1769 in Salzburg geschriebene Werk zu hören sein, welches mit der virtuosen Linienführung der Streicher ebenfalls die Geigenstimmen zu kleinen Solokonzerten aufschwingen lässt.
Der erst dreizehnjährige Mozart komponierte das mit musikalischem Augenzwinkern und vielen Zitaten versehene, kammermusikalisch besetzte Werk in Salzburg – eine kurzweilige Zwischenstation vor mehreren Italienreisen und Konzerttourneen. Der Namensursprung der „Cassazione“ ließ sich wissenschaftlich nie ganz beantworten; naheliegend ist jedoch eine Anknüpfung an das altösterreichische „cassadieren“ (etwas beenden), ein studentischer Brauch zum Ende des Studiums, für den Mozart zehn Jahre lang akademische Abschiedsständchen komponierte.
Nicht dreizehn, sondern zwanzig Jahre alt war Felix Mendelssohn Bartholdy, als er die ersten musikalischen Gedanken zu seiner 3. Sinfonie während einer Schottlandreise notierte. Die viersätzige, mit klassischem Sinfonieorchester besetzte Komposition, deren Sätze attacca (ohne Pause) musiziert werden, um die Verwandtschaft der Einzelsätze und die Geschlossenheit der Sinfonie zu betonen, ist ganze dreizehn Jahre in Bearbeitung. Die tiefen Gefühle, die in der Zeit der Romantik beim Anblick der rauen Landschaft und Burgruinen Schottlands aufkamen, haben Mendelssohn stark inspiriert – wenngleich er selbst seine Sinfonie nie als „Schottische“ bezeichnet hat.
Der Dirigent des 3. Sinfoniekonzertes, Gérard Korsten, wurde In Pretoria geboren. Nach seiner Ausbildung als Geiger wurde Korsten Konzertmeister des Chamber Orchestra of Europe und arbeitete dort neun Jahre lang eng mit Dirigenten wie Claudio Abbado, Nikolaus Harnoncourt und Heinz Holliger zusammen. Während seiner Karriere als Dirigent leitete er über 100 Orchester in 24 Ländern. Er arbeitet als Gastdirigent unter anderem mit dem Adelaide Symphony, BBC Scottish Symphony, der Camerata Salzburg, dem Chamber Orchestra of Europe, den Hong Kong Philharmonics, dem Orchestre National de Lyon sowie dem SWR Sinfonieorchester Freiburg, wo er nach 13 Jahren als Chefdirigent im Sommer 2018 zum Ehrendirigenten auf Lebenszeit ernannt wurde.
Auch in der Oper ist Gérard Korsten ein gefragter Dirigent. Er arbeitete unter anderem am Teatro alla Scala Mailand, der Opéra National de Lyon, bei den Bregenzer Festspielen, an der Deutsche Oper Berlin, der English National Opera, dem Glyndebourne Festival sowie der Royal Opera Stockholm und der Hungarian State Opera. Am Teatro Lirico di Cagliari leitete Gérard Korsten unter anderem die Italien-Premieren von Richard Strauss’ „Die ägyptische Helena“, Webers „Euryanthe“, Delius’ „A Village Romeo and Juliet“ sowie Schuberts „Alfonso und Estrella“.
Antje Weithaas ist eine der wichtigsten Geigerinnen unserer Zeit. Die Violonistin musizierte bereits mit Klangkörpern wie dem Deutschen Symphonie-Orchester Berlin, den Bamberger Symphonikern, den großen deutschen Radio-Orchestern sowie internationalen Spitzenorchestern wie Los Angeles Philharmonic, San Francisco Symphony, Philharmonia Orchestra, BBC Symphony und den führenden Orchestern der Niederlande, Skandinaviens und Asiens gearbeitet.
Zu ihren Partnern am Dirigentenpult zählten dabei Künstler wie Vladimir Ashkenazy, Dmitrij Kitajenko, Sir Neville Marriner, Marc Albrecht, Yakov Kreizberg, Sakari Oramo und Carlos Kalmar. Nach ihrem Studium gewann sie 1987 den Kreisler-Wettbewerb in Graz, 1988 den Bach-Wettbewerb in Leipzig und 1991 den Internationalen Joseph-Joachim-Violin-Wettbewerb in Hannover, dessen künstlerische Leitung sie vor kurzem gemeinsam mit Oliver Wille übernommen hat.
Seit 2004 ist sie außerdem Professorin an der Hochschule für Musik Hanns Eisler in Berlin. In der vergangenen Saison vervollständigte Antje Weithaas mit Dénes Várjon als Klavierpartner die gefeierte Gesamtaufnahme von Ludwig van Beethovens Violinsonaten bei CAvi-music, digital vertrieben von der Deutschen Grammophon. Als künstlerische Leiterin der Camerata Bern war sie fast zehn Jahre für das musikalische Profil des Ensembles verantwortlich, mit dem sie weiterhin regelmäßig zusammenarbeitet. Als Konzertmeisterin leitete sie vom Pult aus sogar großformatige Werke wie die Sinfonien Beethovens und veröffentlichte Aufnahmen von Werken Tschaikowskys, Brahms‘, Mendelssohns und Beethovens. Ihre Konzerte als artiste associé des Orchestre de Chambre de Paris in der Saison 2021/22 führte zu mehreren neuen Projekten.
Wolfgang Amadeus Mozart: „Cassazione“ Nr. 2 B-Dur KV 99 (ca. 1769)
Béla Bartók: Violinkonzert Nr. 1 (1908, UA 1958)
Felix Mendelssohn Bartholdy: Sinfonie Nr. 3 a-Moll op. 56 („Schottische“) (1842)
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