
Die Zeit von 1933 bis 1945 | Das Programm nimmt Gestalt an | ausschließlich Premieren
Das SPOKEN ARTS FESTIVAL schlägt Brücken – zwischen dem Wort und den anderen darstellenden Künsten ebenso wie von der Vergangenheit zur Gegenwart. Verantwortlich für das Programm ist Joachim A. Lang, renommierter Filmregisseur (George, Mackie Messer – Brechts Dreigroschenfilm, in Kürze: Führer und Verführer, John Cranko) und langjähriger Leiter des Brechtfestivals Augsburg. Im Fokus der ersten Ausgabe 2022 standen die 1920er Jahre. In dem als Trilogie angelegten Festival folgt nun Teil zwei, die Zeit zwischen 1933 bis 1945, im kommenden Jahr dann die unmittelbare Nachkriegszeit und die sogenannte Stunde Null.
Der Premierencharakter in Kombination mit den herausragenden Künstlerpersönlichkeiten ist dabei Teil der DNA von SPOKEN ARTS. Denn die Programme sind ausschließlich „Maßanfertigungen“ für das Festival, die häufig von den Künstler*innen selbst entwickelt wurden.
Der aktuelle Stand der Programmplanung
Freitag, 8. Dezember 2023 um 19:30 Uhr, Kultur- und Kongresszentrum Liederhalle, Mozartsaal
Das festliche Opening unter dem Thema „Exil“ umreißt mit Musik, Tanz, Lesungen und Theater den geschichtlichen Rahmen von 1933 bis 1945 und stimmt ein auf die folgenden fünf Festival-Tage. Den roten Faden des Abends liefert Bertolt Brechts Kriegsfibel. Mit von der Partie sind der Schauspieler Thomas Thieme (Das Leben der Anderen, Der Untergang), Kammersängerin Helene Schneidermann (langjähriges Ensemble-Mitglied der Staatsoper Stuttgart), der Pianist und Brecht-Weill-Experte Geoffrey Abbott, Sängerin und Stimmcoach Isabell Münsch sowie Gauthier Dance//Dance Company Theaterhaus Stuttgart mit den getanzten Todsünden Neid und Hass aus dem Konzeptabend The Seven Sins. Eingebunden ist auch die nächste Generation: Ein Kindersprechchor der Merz Schule Stuttgart präsentiert ein eigenes Projekt zu Bertolt Brechts Gedicht Kinderkreuzzug, das in Zusammenarbeit mit dem Wortkünstler Timo Brunke entsteht.
Samstag, 9. Dezember 2023 um 17:00 Uhr, Haus der Geschichte
Thomas Weber, Chair in History & International Affairs an der University of Aberdeen, hat mit bahnbrechenden Studien zu den frühen Jahren Adolf Hitlers maßgeblich zum Verständnis des Nationalsozialismus beigetragen. Sein Vortrag gibt Einblicke in seine aktuelle Forschung, die nicht relevanter sein könnte: den sogenannten information warfare, also die Kriegsführung via fake news und manipulierten Informationen.
Samstag, 9. Dezember 2023 um 19:30 Uhr, Kultur- und Kongresszentrum Liederhalle, Schillersaal
Vorgetragen von Claudia Michelsen und Robert Stadlober, erweckt Der Große Abend der politischen Reden Ansprachen zum Leben, die im Guten wie im Schlechten den Lauf der Geschichte beeinflusst haben. Für die Beratung im Vorfeld und die wissenschaftliche Einordnung live auf der Bühne zeichnet sich der Historiker und 20. Jahrhundert-Experte Thomas Weber (Becoming Hitler) verantwortlich.
Sonntag, 10. Dezember 2023 um 14:30 Uhr, Kultur- und Kongresszentrum Liederhalle, Schillersaal
Geflüchtete, die nicht loskommen von ihren Erinnerungen und den Geistern der Toten? John Crankos letztes Ballett ist heute kaum mehr bekannt und nur teilweise dokumentiert – bei seiner Uraufführung 1974 wurde es weitgehend mit Unverständnis aufgenommen. Beim Spuren-Abend am 10. Dezember berichten Reid Anderson, der langjährige Intendant des Stuttgarter Balletts, und der Erste Solist Friedemann Vogel von der Rekonstruktion und Wiederauferstehung des Stücks aus Anlass von Crankos 50. Todestag im Sommer 2023. Ergänzend und in Auszügen wird außerdem der Film zu sehen sein, der bei der Stuttgarter Neuproduktion entstand.
Sonntag, 10. Dezember 2023 um 18:00 Uhr, Württembergischer Kunstverein
Zeit bemisst sich in der heutigen Ukraine in überstandenen Kriegstagen. Der ukrainische Theaterregisseur und Dramatiker Oleksandr Seredin hat Geschichten von Menschen gesammelt, die den Wert jeden einzelnen Tages kennen. In Die Langlebigen erzählt er vom Alltag im Krieg und vom Krieg, der Alltag geworden ist. Eine szenische Lesung mit dem Sprechensemble der Akademie für gesprochenes Wort.
Sonntag, 10. Dezember 2023 um 19:30 Uhr, Kultur- und Kongresszentrum Liederhalle, Schillersaal
Gemeinsam mit seinem Sohn, dem Multi-Instrumentalisten und Komponisten Arthur Thieme, wagt sich Thomas Thieme an das scheinbar Unmögliche: eine musikalische Lesung von Peter Weiss’ 1000-seitigem Monumentalwerk Die Ästhetik des Widerstands. Regie und Textfassung übernimmt Julia von Sell.
Montag, 11. Dezember 2023, Literaturhaus Stuttgart
Schon kurz nach seinem Erscheinen im Herbst 2021 avancierte Daniel Schreibers ungewöhnlich tiefgründiger Essayband Allein zu einem Bestseller des zweiten Pandemie-Jahrs. Philosophisch, soziologisch, psychologisch ergründet der Autor die Dialektik der Einsamkeit. In Kooperation mit dem Literaturhaus Stuttgart.
Montag, 11. Dezember 2023 um 20:00 Uhr, Renitenztheater Stuttgart
Die Inszenierung behandelt die Staunen machende Geschichte von Lisa Fittko und der nach ihr benannten „F-Route“ über die Pyrenäen. Lisa Fittko, aktiv im Emergency Rescue Committee um Varian Fry, führte als Fluchthelferin zahlreiche Menschen über die Grenze nach Spanien, darunter Walter Benjamin. Auf der Grundlage ihrer 1985 im Hanser Verlag erschienenen Erinnerungen Mein Weg über die Pyrenäen hat Martin Mühleis eine dichte musikalisch-literarische Bühnenerzählung für die Schauspielerin Barbara Auer (Die Macht der Gefühle, Die innere Sicherheit) und den Kontrabassisten und Landesjazzpreisträger Veit Hübner geschaffen. Die F-Route oder Lisas Weg ist ein anfangs sachlicher Bericht, der sich, schleichend und notwendig, zu einem Thriller entwickelt. Denn nur den Wenigsten gelingt es, sich zu widersetzen und sich ihre Menschlichkeit zu bewahren.
Montag, 11. Dezember 2023 um 20:00 Uhr, Im Wizemann, Club
Bei der Festival-Premiere 2022 bereits bestens eingeführt ist das Format Dead or Alive: Heutige Poetry Slammer*innen treten in Wettstreit mit der Literatur von damals, die von Schauspieler*innen zum Leben erweckt wird. In der von Marius Loy moderierten „Poetry-Battle“ messen sich Meral Ziegler, Kaleb Erdmann und Julian Heun gegen weitere Schauspieler*innen/Sprecher*innen. Eine Veranstaltung in Kooperation mit dem Rosenau Kultur e.V..
Dienstag, 12. Dezember 2023 um 18:00 Uhr, Stadtarchiv Stuttgart
Roland Müllers Dissertation Stuttgart zur Zeit des Nationalsozialismus gilt als das Standardwerk zur NS-Geschichte der württembergischen Landeshauptstadt. In seinem Vortrag über Hans Gasparitsch (1918-2002) stellt der langjährige Leiter des Stadtarchivs eine Stuttgarter Widerstandsbiographie vor. Am 14. März 1935 pinselte der damals 17-jährige Schriftsetzerlehrling „Rotfront“ und die Parole „Hitler=Krieg“ auf die Sockel der Rossebändiger-Statuen im Stuttgarter Schlossgarten. Das mutige Graffiti brachte ihm zehn Jahre in Haft in den KZs Dachau, Flossenbürg und Buchenwald ein. Abgerundet wird der Abend von der Akademie für gesprochenes Wort. Das Sprechensemble liest aus Briefen von Hans Gasparitsch und aus Zeitdokumenten wie der Anklageschrift und dem Gerichtsurteil.
Dienstag, 12. Dezember 2023 um 19:30 Uhr, Theaterhaus Stuttgart
Künstlerische Langzeitbeziehung: Lars Eidinger war nicht nur selbst schon einmal Bertolt Brecht, in Joachim Langs Mackie Messer – Brechts Dreigroschenfilm. Mit seiner musikalisch-szenischen Lesung von Brechts Hauspostille tourt er zusammen mit dem Pianisten und Komponisten Hans-Jörn Brandenburg äußerst erfolgreich durch Deutschland. Die beiden haben sich nun wieder zusammengetan und entwickeln eigens für das SPOKEN ARTS FESTIVAL einen Großen Brecht-Abend.
Dienstag, 12. Dezember 2023 & Mittwoch, 13. Dezember 2023, Akademie für Darstellende Kunst Baden-Württemberg in Ludwigsburg
Stas Zhyrkov zählt zu den derzeit wichtigsten Stimmen der ukrainischen Exilkultur. Der vielfach preisgekrönte Regisseur inszeniert an großen deutschsprachigen Häusern wie der Schaubühne Berlin, dem Münchner Residenztheater, den Münchner Kammerspielen oder dem Schauspielhaus Zürich. Meist gemischt in ukrainischer und deutscher Sprache – so wie auch bei seinem Beitrag für das SPOKEN ARTS FESTIVAL. Gemeinsam mit Mitgliedern der Schauspiel-Klasse an der ADK in Ludwigsburg entwickelt er ein neues Stück, dessen Ausgangspunkt die Biographien der geflüchteten Studierenden sind.
Mittwoch, 13. Dezember 2023 um 19:30 Uhr. Ort wird noch bekannt gegeben
„Die letzte Generation“ der Zeitzeugen beschließt das SPOKEN ARTS FESTIVAL 2023. Die Holocaust-Überlebenden Eva Umlauf (Die Nummer auf deinem Unterarm ist blau wie deine Augen), Ernst Grube (Den Stern, den tragt Ihr nicht. Kindheitserinnerungen an die Judenverfolgung in München) und Leon Weintraub (Die Versöhnung mit dem Bösen. Geschichte eines Weiterlebens) lesen aus ihren Erinnerungen. Dass diese Vergangenheit „nicht einmal vergangen“ ist, haben uns erst in den letzten Tagen die Pogrome durch die Hamas auf traumatische Weise vor Augen geführt.
Freitag, 8. Dezember 2023 bis Mittwoch, 13. Dezember 2023
SPOKEN ARTS FESTIVAL
Eine Veranstaltung der Akademie für gesprochenes Wort, Stuttgart
Künstlerische Leitung: Joachim A. Lang
Locations: Kultur- und Kongresszentrum Liederhalle, Haus der Geschichte Baden-Württemberg, Württembergischer Kunstverein, BIX Jazzclub, Literaturhaus Stuttgart, Renitenztheater Stuttgart, Im Wizemann, Stadtarchiv Stuttgart, Akademie für Darstellende Kunst Baden-Württemberg, Theaterhaus Stuttgart und andere
Mehr unter: spoken-arts-festival.de
Über die Akademie für gesprochenes Wort – Uta Kutter Stiftung
Von Prof. Uta Kutter im Jahr 1993 gegründet, hat sich die Akademie für gesprochenes Wort der Förderung von Sprache und Dichtung als Live-Erlebnis verschrieben. Die Akademie vermittelt die Kultur der freien Rede, des Dialogs und der Diskussion und nimmt dabei vor allem die Sprech- und Vortragskunst in den Blick. Das Kulturangebot umfasst künstlerische Programme – häufig entwickelt und aufgeführt vom Sprechensemble der Akademie –, Seminare und Vortragsreihen sowie die Biennale Internationale Stuttgarter Stimmtage und das SPOKEN ARTS FESTIVAL.
Mehr unter: gesprochenes-wort.de
Das SPOKEN ARTS FESTIVAL findet vom 8. bis 13. Dezember 2023 statt.
Idee und Konzeption: Annikke Fuchs-Tennigkeit, Uta Kutter, Joachim A. Lang
Künstlerische Leitung: Joachim A. Lang.
Veranstaltet von der Akademie für gesprochenes Wort
Gefördert von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien, der Baden-Württemberg Stiftung und der Landeshauptstadt Stuttgart.